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: Aserbaidschan in Ketten

Im vergangenen September war es, in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Murad Mammedow sitzt auf einem Mauervorsprung und unterhält sich mit einem Freund. „Ich muss dann mal weiter“, sagt er, schnappt sich seine Holzkrücken und ist augenblicklich verschwunden. „Fliegen“ nennt das der 29-Jährige, der immer lächelt und vor Energie fast platzt.

Als er vier Jahren alt war, hörten Murads Beine auf zu wachsen. Seine überforderten Eltern schlossen ihn in der Wohnung weg. Das war damals „normal“ in einem Land wie Aserbaidschan, wo Menschen wie Murad nicht vorgesehen waren.

Doch Murad kämpfte und trainierte so lange, bis er es schaffte, sich auf seinen Unterarmen mehrere Stockwerke hinunter in den Hof zu robben – zu seinen Spielkameraden.

Er kämpft bis heute für Anerkennung und Gleichberechtigung – nicht nur für sich, sondern auch für andere AserbaidschanerInnen mit Einschränkungen. Vor einigen Jahren war er Mitbegründer des ersten inklusiven Theaters in der Südkaukausurepublik. 2018 eröffnete er die Schmuckwerkstatt HandsArt, die er mit zwei weiteren AktivistInnen betreibt. Insgesamt sind 100 Personen an dem Projekt beteiligt. In der Werkstatt werden Ketten, Armbänder und Ringe hergestellt – mit kunstvoll in Acryl eingearbeiteten Objekten, die die heimatliche Flora und Fauna so hergeben.

Seit Anfang der Woche sind Ketten von HandsArt auch im taz Shop erhältlich – nebst Verpackung, auf der ein Weihnachtsmann abgebildet ist. Der stammt wohl eher nicht aus Aserbaidschan. Barbara Oertel