Besteht der Berliner Mietendeckel vor Gericht?

Mit dem landeseigenen Mietendeckel, den das Berliner Abgeordnetenhaus Anfang 2020 beschließen soll, betritt der rot-rot-grüne Senat juristisch spannendes Gelände. Noch bis vor einem Jahr waren auch sämtliche Landespolitiker und Mieteraktivisten davon ausgegangen, dass nur der Bund die Regelungskompetenz beim Mietrecht hat. Deshalb drehten sich die wichtigen Debatten im Mietrecht stets um die bundesweite Mietpreisbremse, die als wenig wirksam gilt.

Dann veröffentlichte der Berliner Jurist Peter Weber, Angestellter einer Berliner Bezirksverwaltung, in seiner Freizeit einen Beitrag in der renommierten JuristenZeitung. Mit der Föderalismusreform von 2006 sei die öffentlich-rechtliche Gesetzgebungskompetenz im Mietrecht auf die Länder übergangen, argumentiert Weber. Dem Bund bleibe nur das Zivilrecht wie bei der Mietpreisbremse. Seine Idee wurde von prominenten Berliner Sozialdemokraten aufgegriffen, die einen landeseigenen Mietendeckel vorschlugen. Für die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus untermauerten die Professoren Franz C. Mayer und Markus Artz in einem Gutachten Webers Argumentation.

Anders sieht es der frühere Bundesverfassungsrichter Hans-Jürgen Papier in einem Gutachten für den Immobilienverband GdW. Weil der Bund mit der zivilrechtlichen Mietpreisbremse klargemacht habe, dass er die Mieten selbst regulieren wolle, dürften die Länder mit einer öffentlich-rechtlichen Regelung wie dem Mietendeckel nicht mehr selbst tätig werden, meint Papier.

Ein drittes Gutachten verfasste schließlich der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis im Auftrag des Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Darin geht es vor allem um die Mietobergrenzen, die auf Drängen von Linken und Grünen zusätzlich in die Mietpreisbremse hineingeschrieben wurden. Hohe Mieten könnten damit wieder gesenkt werden. Battis hält diese Mietobergrenzen für unzulässig, weil sie über die Bundesregelungen im Zivilrecht hinweggehen würden.

CDU und FDP im Berliner Abgeordnetenhaus haben bereits eine Normenkontrollklage gegen den Mietendeckel angekündigt. Damit landet die Auseinandersetzung auf jeden Fall vor dem Berliner Verfassungsgericht. Auch die FDP im Bundestag will klagen. Noch unklar ist, ob sich die Unionsfraktion anschließt. Ein Antrag auf Normenkontrolle in Karlsruhe kann nur von der Bundesregierung, einer Landesregierung oder einem Viertel der Mitglieder des Bundestags gestellt werden. Eine endgültige Entscheidung der Gerichte ist erst in einigen Jahren zu erwarten. Martin Reeh