Hauptsache ein TV-Spot

Prost, Merkel, Schröder und Co: Die Pogo-Partei tritt doch wieder zur Bundestagswahl an. Am Wochenende war Wahlkampfauftakt in Hannover. APPD-Stratege Karl Nagel legt das Programm vor

von Kai Schöneberg

„Polizei unterdrückt Chaos-Tage“ oder „Hier legen sie die Punks flach“ titelten die lokalen Zeitungen gestern – da klang leichte Enttäuschung darüber an, dass die Lederpaillierten mit den bunten Haaren die Stadt bei ihrem feucht-fröhlichen Treff am Wochenende nicht wie vor zehn Jahren „in Schutt und Asche gelegt“ hatten. Aber zum runden Jubiläum der legendären „Chaos-Tage“ in Hannover waren nur etwa 300 Punks aus ganz Deutschland gekommen. Und so gab es „nur“ 60 Festnahmen, 173 vorübergehende Ingewahrsamnahmen, drei verletzte Polizisten, ein paar Verschreckte in der Fußgängerzone, wenige fliegende Bierflaschen und einige geborstene Scheiben.

Viel epochaler scheint da, dass die Anarchistische Pogo Partei Deutschlands (APPD) den Treff zum bundesweiten Wahlkampfauftakt nutzte. Eigentlich hatten die Anarchos Ende 2004 beschlossen, die APPD werde nur noch zu Regionalwahlen antreten, um das Prinzip der „Balkanisierung von unten“ im Land nach und nach durchzusetzen. APPD-Kanzlerkandidat Wolfgang Wendland, der ansonsten bei „Die Kassierer“ singt, versprach aber am Samstag, dass man das Geld aus der Wahlkampfkostenerstattung „bei einem Freibierfest“ versaufen werde.

APPD-“Wahlkampfmanager“ Karl Nagel freut sich schon, obwohl er am Anfang „wegen Faulheit“ dagegen war, gegen Merkel, Schröder und Co. in die Bütt zu steigen: „Hauptsache, unser Spot läuft wieder nach der Tagesschau“, sagt der Pogo-Mann, der die Sache mit dem quasi misslungenem 10-Jahres-Jubiläum ansonsten nicht so hoch hängen will. Obwohl die APPD bereits beim Bundesverfassungsgericht gegen die vorgezogenen Neuwahlen klagt, versucht die Partei gleichzeitig, genug Unterschriften zu sammeln, damit sie am 18. September auch zugelassen ist. „In Hamburg, Berlin und wohl auch in Baden-Württemberg könnten wir jeweils die nötigen 2.000 Stück erreichen“, sagt Nagel. Gleichzeitig dementiert der Pogo-Stratege ein angebliches Zusammengehen mit den Satire-Leuten von der Titanic, die mit ihrer „Partei“ antreten. Nagel: „Die haben nichts mehr von sich hören lassen.“

Nagel ist kein Unbekannter in der Szene. 1998 war der heute 44-jährige Comic-Zeichner aus Hamburg mit Slogans wie „Arbeit ist Scheiße“ und „Saufen, saufen, jeden Tag nur saufen“ selbst gegen Kohl und Schröder angetreten. Dabei war er zwar mit bundesweit 35.347 Stimmen (0,07 Prozent) an den für die Wahlkampfkostenerstattung nötigen 0,5 Prozent der Stimmen kläglich gescheitert. Dafür hatte die APPD aber bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen ein Jahr zuvor in St. Pauli satte 5,3 Prozent eingefahren – und war dort viertstärkste Partei geworden.

Programmatisch kann es die APPD diesmal durchaus mit den Großen aufnehmen: Während die CDU und SPD mit ihrem „Regierungsprogramm“ oder der „Agenda 2010“ protzen, wirbt die Pogo-Partei mit der „Veranda 2022“ und dem Motto „Deine Stimme für den Müll“. Die „Partei des Pöbels und der Sozialschmarotzer“ setze sich „für die Ultimative und totale Rückverdummung der Menschheit“ ein. Außerdem fordert sie eine Jugendrente, Sex auf Krankenschein sowie einen „jährlichen Gedenktag für die gefallenen asozialen“ Opfer des Nationalsozialismus.