Der heiße Stuhl von Braunschweig

Seit Mai 2018 hat der Fußball-Drittligist Eintracht Braunschweig vier Trainer verschlissen. Nun soll Marco Antwerpen den Verein führen. Die sichere Bank der Blau-Gelben hat sich in einen Schleudersitz verwandelt

Rausgekickt: Trainer Christian Flüthmann Foto: Peter Steffen/dpa

Von Marc Halupczok

Eintracht Braunschweig hat neuerdings ein Problem mit seinen Trainern. Zwar steht der Fußballverein auf dem vierten Platz der Dritten Bundesliga. Jedoch hat er seit Mai vergangenen Jahres vier Trainer entlassen. Vorbei sind die Zeiten, als der Sitz des Braunschweiger Trainers als sichere Bank gelten durfte.

Zehn Jahre und zwei Tage hatte Torsten Lieberknecht das Amt des Braunschweiger Trainers bekleidet. Von Mai 2008 bis 2018 bewahrte er die Eintracht vor dem Absturz in die Viertklassigkeit. Er führte den Deutschen Meister von 1967 zurück in die Bundesliga und wieder zurück in die Dritte Liga. Am 14. Mai 2018 wurde er entlassen. Jüngere Fans erlebten zum ersten Mal überhaupt eine Eintracht ohne „Totte“ an der Seitenlinie.

Sein Nachfolger war der dänische Trainer Henrik Pedersen, der zwar keine Erfahrungen als Cheftrainer im Profibereich vorweisen konnte, aber in diversen erfolgreichen Jugendmannschaften wirkte. Nicht mal vier Monate dauerte seine sportlich erfolglose Ägide.

André Schubert rettete den Verein schließlich am letzten Spieltag der Saison 2018/19 vor dem Abstieg in die Regionalliga. Zwischen ihm und der Mannschaft soll es jedoch auf der menschlichen Ebene gehakt haben. Die Folge: Abgang durch die Hintertür nach acht Monaten.

Sein Co-Trainer Christian Flüthmann übernahm – wieder ein junger Trainer ohne Erfahrung auf dem Chefsessel. Nach furiosem Start in die Saison 2019/20 und zwischenzeitlicher Tabellenführung ging es in den vergangenen Wochen vor allem in den Heimspielen stetig bergab. Zwar lagen die Aufstiegsränge mit drei Punkten noch in Sichtweite, aber hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, Flüthmann sei zu lasch.

Im Vergleich zur Konkurrenz ließ Flüthmann weniger trainieren; manche Spieler sollen ihm auf der Nase herumgetanzt haben – Gerüchte, aber eben sehr laute. Sportdirektor Peter Vollmann, vor rund 20 Jahren selbst mal an der Seitenlinie in Braunschweig tätig, sah keine andere Möglichkeit, als einen erneuten Wechsel vorzunehmen.

Nun also Marco Antwerpen, ein Bekannter Vollmanns aus gemeinsamen Zeiten bei Preußen Münster. Die Fans haben die Neuverpflichtung verhalten aufgenommen. Nicht wenige wollen dem neuen Mann erst mal eine Chance geben. Aber es gibt auch zweifelnde Stimmen.

Rot-Weiß Ahlen, Viktoria Köln und Münster hießen die bisherigen Stationen Antwerpens als Coach. Klingt eher nach Sportgaststätte und B-Platz, und da sehen sich die Braunschweiger definitiv nicht. Im Stadion an der Hamburger Straße denken sie in anderen Kategorien: Ein Jens Keller (nun in Nürnberg) oder Markus Kauczinski (zuletzt bei St. Pauli) hätten es schon sein dürfen. Denn die Drittklassigkeit, da sind sich alle einig, kann nur eine Zwischenstation sein.

Mit einem ordentlich bestückten Kader und einem Zuschauerschnitt von mehr als 19.000 in dieser Saison darf der Fahrstuhl nur in eine Richtung fahren. Sein Debüt gegen den abstiegsbedrohten, aber formstarken Chemnitzer FC gewann Antwerpen glücklich mit 2:1. Die Verunsicherung des Teams ist jedoch weiterhin offensichtlich.