„Da fehlte es an Fairness“

An seiner Person rechneten die Delegierten des SPD-Landesparteitags mit der rot-grünen Regierungspolitik ab, sagt Staatssekretär Ditmar Staffelt (SPD). Sie hatten ihm nur den Wackelplatz 6 der Landesliste gegönnt

taz: Herr Staffelt, Ihr Landesverband lässt Sie nur auf den wackeligen Listenplatz 6. Eine Niederlage?

Ditmar Staffelt: Sicher nicht. Sagen wir es so: Ich kann damit leben. Dass ich meinen Wunschplatz, den 5., nicht hole, war ja klar – angesichts der Beschlusslage der SPD-Linken. Ich habe mich dann spontan entschlossen, um den 6. zu kämpfen. Mit meiner Rede habe ich viele Delegierte gewonnen (siehe Kasten). Insofern war der Kampf erfolgreich.

Glaubt man den Umfragen, könnten Sie, der Staatssekretär, aus dem Bundestag fliegen.

Wenn ich mit Risiko nicht leben könnte, hätte ich Beamter werden müssen. So funktioniert nun mal Demokratie.

Sind Sie enttäuscht?

Ich habe mich schon sehr gewundert, welche Argumente da kamen: wirtschaftsfreundlich, Hartz-IV-Protagonist, verantwortlich für den größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik. Das ist Unsinn. Unsere Regierungspolitik haben wir gemeinsam in der SPD beschlossen. Meine Person musste für eine Abrechnung mit der rot-grünen Politik herhalten.

Ein wichtiges Argument war, dass Sie als SPD-Fraktionschef bei der Gründung der Bankgesellschaft maßgeblich beteiligt waren.

Hinter der Gründung stand doch eine richtige Intention. Eine Bankgesellschaft zu schaffen, die die wirtschaftsschwache Region Berlin-Brandenburg strukturell unterstützt. Und andere Landesbanken haben nur darauf gewartet, in den Berliner Markt einzusteigen. Das waren unter anderem Gründe für eine starke Landesbank …

die zu einem Bereicherungsapparat auf Kosten des Landeshaushaltes wurde.

Was das Management in den nächsten Jahren vergeigt hat, dafür brauche ich doch nicht den Kopf hinzuhalten.

Also nur ein Hilfsargument, um Sie außen vor lassen zu können?

Es ist schon seltsam, dass es ausgerechnet jetzt wieder hervorgekramt wurde. Bei den Linken kam ich überhaupt nicht auf der Liste vor. Da fehlt es an Fairness gegenüber dem einzigen Berliner in der Bundesregierung. Das hat mich schon sehr enttäuscht.

Hat Michael Müller, der SPD-Landeschef, Sie im Stich gelassen?

Nein, ich erkenne ihm sehr hoch an, wie er sich für mich eingesetzt hat. Seine Rede ließ an Klarheit nichts zu wünschen übrig.

Parteitagsreden sind das eine. Vorher die Machtverhältnisse auszutarieren, aber das Entscheidende.

Alle Parteichefs haben mit diesen innerparteilichen Gruppierungen zu kämpfen gehabt, das war bei Momper so und auch bei mir. Diese unwägbaren Einflüsse gab es immer, und sie sind nicht besonders hilfreich.

Sie sind jetzt mehr denn je auf die Direktkandidatur in Neukölln angewiesen. Welche Chancen rechnen Sie sich gegen Diepgen aus?

Ich denke, bei Diepgen gibt es drei Gruppen: Die einen verdrehen entzückt die Augen und wählen automatisch. Die anderen sagen: Diepgen? Was will der denn noch im Bundestag? Und die Dritten meinen ganz entschieden: Der nicht. Diepgen polarisiert, dadurch wird der Kampf Diepgen – Staffelt bekannt. Das hilft mir doch nur. INTERVIEW: ULRICH SCHULTE