Ringen um die größte Bank der Welt

Japans Post soll privatisiert werden und die üppigen Einlagen in die freie Wirtschaft statt in Staatsanleihen fließen

Die Furcht ist groß,dass mit der Privatisierungviele Filialen schließen

BERLIN taz ■ Japans Regierung möchte ein bürokratisches Herzstück des Kaiserreichs reformieren, mit weitreichenden sozialen, finanziellen und parteipolitischen Folgen. Die 1876 gegründete Post ist dazu eine Institution der Superlative. Denn mit Einlagen von umgerechnet 2,55 Billionen Euro in Form von Sparkonten und Lebensversicherungen, etwa 30 Prozent aller privaten Einlagen, ist sie die größte Bank der Welt. Ein Großteil dieser Gelder ist in japanischen Staatsanleihen angelegt, von denen die Post insgesamt ein Viertel hält. Für Sparer ist die Post trotz gegen null tendierenden Zinsen attraktiv, weil der Staat die Sicherheit der Anlagen garantiert. So haben 86 Prozent aller Haushalte ein Postsparbuch und 60 Prozent eine Lebensversicherung der Post.

Mit rund 280.000 Vollzeit- und 120.000 Teilzeitbeschäftigten beschäftigt die Post ein Drittel aller japanischen Beamten. Sie hat landesweit 25.000 Filialen, und insbesondere auf dem Land holen viele Rentner monatlich ihre Pension im Postamt ab. Die Furcht ist groß, dass mit der Privatisierung viele Filialen schließen, die flächendeckende Versorgung mit Postdiensten nachlässt und viele Mitarbeiter ihre Jobs verlieren.

Die Post ist stark mit der seit über fünfzig Jahren fast ununterbrochen regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) von Ministerpräsident Junichiro Koizumi verfilzt. Viele Postbeamte zählen zum harten Kern der LDP-Unterstützer. Umgekehrt dienten die mit Rückgriff auf die Einlagen der Post finanzierten Staatsanleihen LDP-Politikern bisher dazu, staatliche Beschäftigungs-, Bau- und Infrastrukturprogramme zu finanzieren, mit denen Politiker vor allem in den ländlichen Regionen ihre Wahlkämpfe zu führen pflegen. Dies hat dazu geführt, dass Japan heute eine extrem hohe Staatsverschuldung hat. Reformbefürworter argumentieren, die Gelder der Postsparer seien in der privaten Wirtschaft effizienter eingesetzt als in staatlichen Programmen, die auf parteipolitischer Klientelwirtschaft basieren. SVEN HANSEN