Wahlkampfland ist abgebrannt

Kampagne auf Sparflamme: Weil sich die NRW-Parteien seit Monaten im Dauerwahlkampf befinden, sind die Kassen von CDU, SPD, Grünen, FDP und PDS leer. 30 Prozent weniger Plakate

VON MARTIN TEIGELER

Die nordrhein-westfälischen Parteien haben nur noch Kleingeld für den Bundestagswahlkampf übrig. Wenn in diesen Tagen auch an Rhein und Ruhr die „heiße Phase“ der Kampagne für den geplanten Urnengang am 18. September beginnt, sind CDU, SPD, Grüne, FDP und Linkspartei/PDS auf Unterstützung ihrer Bundesverbände angewiesen (siehe Kasten). Grund für den klammen Kampf um die Wählerschaft: Die NRW-Parteien liefern sich bereits den vierten Wahlkampf in gut einem Jahr.

Nach den teuren Kampagnen für die Europawahl (Juni 2004), insbesondere aber für die NRW-Kommunalwahl (September 2004) und die Landtagswahl im Mai müssen die politischen Parteien aufs Geld schauen. „Wir machen keine Angaben zur Höhe unseres Etats“, sagte gestern ein Sprecher der NRW-SPD auf Anfrage. Dass die Sozialdemokraten nicht reich sind, zeigte schon die jüngste Aktion von SPD-Schatzmeister Norbert Römer. Der Kassenwart hatte in einem Schreiben an die Genossen darum gebeten, Einzahlungen in die parteieigene Sterbekasse für Wahlkampfzwecke zu spenden (taz berichtete). Der vor einigen Jahren aufgelöste SPD-Bezirk Westliches Westfalen hatte die Sterbekasse nach Parteiangaben 1950 eingerichtet. Selbst mit den Geldern aus der Totenschatulle schätzen Experten die Höhe des NRW-SPD-Wahlkampfbudgets lediglich auf rund 300.000 Euro.

Auch die Wahlkampfetats von CDU, Grünen und FDP bewegen sich lediglich im sechsstelligen Bereich. Der Wahlkampf von Linkspartei/PDS und Wahlalternative WASG dürfte fast komplett aus dem Bundesetat der umbenannten PDS bestritten werden. Die NRW-Verbände von Linkspartei und WASG sind nämlich finanziell ausgeblutet.

Dass die Parteien sparsamer sind, merken auch die Hersteller von Wahlkampfmaterial. „Wir drucken etwa 30 Prozent weniger Plakate als bei der letzten Bundestagswahl“, sagt Ralf Albrecht von der Firma Offsetdruck Team Witten, einer der wichtigsten Produzenten von Wahlkampf-Drucksachen. 40 Mitarbeiter arbeiten dennoch seit drei Wochen sieben Tage die Woche, um Plakate zu drucken.

Der Wahlkampf ist nicht nur eine Frage der Finanzierung, sondern auch der Mobilisierung. Wahlkämpfer und Parteianhänger müssen für die Auseinandersetzung motiviert werden. „Da die Bundestagswahlen die mit Abstand wichtigsten Wahlen sind, fällt die Mobilisierung um ein Vielfaches leichter“, sagt Thorsten Faas, Wahlforscher an der Uni Duisburg-Essen. „NRW ist das größte Bundesland, daher müssen alle Parteien diesem Land besondere Aufmerksamkeit schenken.“ Die Spitzenkandidaten von SPD und CDU scheinen das auch so zu sehen. In dieser Woche machen Kanzler Gerhard Schröder und CDU-Chefin Angela Merkel Wahlkampf-Station in Nordrhein-Westfalen.

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