Tödliche Mahlzeit

PILZE Die Zahl der Vergiftungen steigt diese Saison dramatisch an. Experten warnen vor Verwechslungen

Vor einer Zunahme von Pilzvergiftungen in Norddeutschland warnt das Giftinformationszentrum (GIZ) in Göttingen. Die Pilzsaison habe gerade erst begonnen, trotzdem seien bereits etwa 200 Fälle registriert worden, sagt Andreas Schaper, stellvertretender Leiter des GIZ. Im vergangenen Jahr wurden in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen 288 Vergiftungen gemeldet.

„Es ist ein gutes Pilzjahr“, sagt Schaper über die Pilzschwemme in den Wäldern. Doch mit der steigenden Zahl der Pilzsammler wächst auch die Zahl der Vergiftungen. „Viele Menschen verwechseln den Wiesenchampignon mit dem Knollenblätterpilz“, sagt Giftexperte Schaper. Tatsächlich ähnelt der weiße Giftpilz mit dem Kegelhut im frühen Wachstumsstadium dem essbaren Champignon sehr. Der Verzehr des Knollenblätterpilzes verursacht allerdings irreparable Schäden.

Schon die Menge eines ausgewachsenen Exemplares genügt, um die Leber zu zerstören. Nur eine Organtransplantation kann dem Vergifteten dann das Leben retten. Das Tückische am Knollenblätterpilz sei, sagt Andreas Schaper, dass erste Symptome wie Bauchschmerzen und Übelkeit erst sechs bis zwölf Stunden nach dem Verzehr auftreten.

Nebenwirkungen ganz anderer Art ruft der Fliegenpilz hervor. Seit vielen Jahren warnt die Verbraucherzentrale Bremen vor allem Russlanddeutsche davor, „ihrem Brauch nachzugehen“ und diese Pilze zu verzehren. Die Symptome einer Vergiftung könnten Sehstörungen und Magen-Darm-Probleme sein sowie Angstzustände oder Depressionen. Die Ärzte im Göttinger Giftinformationszentrum kennen dieses Phänomen. In der Nähe befindet sich das Durchgangslanger Friedland. Viele der aus der Region gemeldeten Vergiftungsfälle beträfen Immigranten aus den ehemaligen Sowjetländern, sagt Andreas Schaper.

Um Pilzsammler vor den tödlichen Gefahren einer Verwechslung zu bewahren, rät er, im Zweifelsfall Sachverständige zu fragen. Deren Adressen gibt es beim GIZ oder bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. UTA GENSICHEN