Mit Papa auf dem Sofa

Spieltriebe (1): Autorin Nora Mansmann berichtet in „Terrormum“ von Kiffervätern und Scheidungskindern

Das Theater Osnabrück startet mit dem Festival „Spieltriebe“ in die neue Spielzeit: Insgesamt zwölf Ur- und Erstaufführungen werden vom 16. bis 18. September zu sehen sein und die Hase-Stadt zu einem Forum für zeitgenössisches Theater machen. Die taz nord stellt einige der jungen DramatikerInnen und ihre Stücke im Vorfeld in einer Serie vor.

„unsere kinder werden sagen / mein vater war bei superstars.“ Weil das alles ist, was zu erreichen wäre, versucht Dennis es erst gar nicht. Und raucht mit Papa noch ne Mische.

Wie ein Motto steht dieser Satz am Anfang von „Terrormum“, dem ersten Stück der jungen Autorin Nora Mansmann, das an einem professionellen Theater gespielt wird. Jens Poth inszeniert es beim Festival „Spieltriebe“ als Uraufführung. Im Mai dieses Jahres hat das Stück beim Autorenwettbewerb Drama Köln 2005 den Ersten Preis gewonnen.

„Eigentlich wollte ich Journalistin werden“, sagt die 1980 in Friedberg geborene Autorin, die in Kassel aufgewachsen ist. Mit einer Hospitanz am Schauspiel Kassel bei Armin Petras änderte sich der Berufswunsch schlagartig in Richtung Theater. Also zieht sie zunächst von Göttingen, wo sie ihr Studium begonnen hat, nach Berlin. Dort arbeitet sie in der Off-Szene, mit den kleinen Inszenierungen „mir fehlt nichts“ am Hebbel am Ufer 3 und „Bob und die anderen Fotzen“ im Berliner theaterdiscounter.

Daneben langweilt sie sich beim Studium der Geschichte, Musik und Germanistik. Das will sie jetzt so schnell wie möglich beenden und dann eine Assistenz an einem Theater übernehmen, so Mansmann.

Das sind Ziele, und gerade die hat Dennis in „Terrormum“ nicht. Seine Mutter ist seit Jahren verschwunden, sein Vater hängt den ganzen Tag auf dem Sofa rum und schwärmt von Terror-Mamis RAF-Zeit und großen Taten. Dennis fährt derweil sein Leben gegen die Wand. Er verknallt sich in Sonja. Die „ist jetzt lektorin bei einem großen verlag / sie sagt sie würde meine texte niemals nehmen / sonst unterstützt sie mich total“, lügt sich Dennis sein Leben zurecht. Dass er an einem Buch arbeite, versichert er immer wieder. Nur nach dem Thema suche er noch.

RAF, Kifferpapas, Scheidungskinder – von den Themen über die Textgestalt bis zum Sprachduktus kann man eine starke Verwandtschaft zu Fritz Kater alias Armin Petras, dem Mentor Mansmanns feststellen. Aber die sei ihr beim Schreiben nicht bewusst gewesen, meint die Autorin.

Bei ihr beginne das Schreiben mit Textfragmenten, Stücken, die plötzlich da sind, sagt Mansmann. Die sammelt sie, lässt sich inspirieren, von Erlebnissen, aber eben auch von anderen Autoren. Dann stellt sie die Fragmente zusammen und irgendwie ergibt sich eine Geschichte.

Eine Geschichte im herkömmlichen Sinn, mit Einheit von Ort, Zeit und Handlung, ist das freilich nicht. Die fragmenthaften Szenen bewegen sich vor und zurück, so dass der Text zuweilen wie ein Puzzle erscheint. Das Ende bleibt offen. „Ich will kein Manifest auf der Bühne, da fühl ich mich verarscht“, so Mansmann. Aber herausfordern wolle sie. Dass Protestieren heute keinen Sinn mehr mache – wogegen auch, oder wofür? –, das erfahre Dennis in „Terrormum“ am eigenen Leib. Und das sei auch ihre Erfahrung, das habe sie lange frustriert.

„Schreiben ist statt Protest eine Möglichkeit, was rumzubringen, was einen fasziniert“, sagt Mansmann – und will sich weiterhin darauf konzentrieren.

Denis Bühler