Mord unterm Tannenbaum

Vor dem Landgericht ist ein psychisch kranker Mann angeklagt, der am Weihnachtsabend seinen Vater erschlug

Bremen taz ■ Kurt B. ist bemüht, vor Gericht einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen. Zum Prozessauftakt erscheint er in Hemd und Krawatte. Aussagen mag er nicht, lässt der 51-Jährige Angeklagte mit leiser Stimme verlauten. Seine beiden Anwälte haben ihm abgeraten.

Kurt B. hat im vergangenen Jahr an Heiligabend seinen 84-jährigen Vater mit einer Axt und einem Fäustel getötet. Mehrmals habe er auf ihn eingeschlagen – „im Zustand der Schuldunfähigkeit“, wie es in der Anklageschrift heißt: B. leidet unter paranoider Schizophrenie, 1992 zeigte er die ersten aggressiven Schübe.

„Ich war böse“, erklärte er der Polizei seine Bluttat, die mit einer Schubserei begann. Der Vater habe ihn provoziert. Noch am Weihnachtsabend stellte sich Kurt B., zeigte Reue: „Das war nicht richtig.“ Ob er den sofortigen Tod seines Vaters überhaupt realisierte, blieb den Kripobeamten, die gestern vor dem Bremer Landgericht als Zeugen aussagten, unklar.

Der Polizei war Kurt B. durchaus bekannt. „Er hat seinen Vater oft geschlagen“, gab die 85-jährige Mutter Anna B. zu Protokoll, auch mit Telefonterror und beleidigenden Briefe meldete er sich in der Familie zur Wort – „immer dann, wenn er seine Psychopharmaka nicht genommen hat“. Mehr als ein Dutzend Mal musste der studierte Elektrotechniker schon in die Psychiatrie eingewiesen werden.

Der Angriff auf ihren Mann traf Anna B. dennoch „aus heiterem Himmel“: „Das wäre alles nicht passiert, wenn er vorher zum Arzt gegangen wäre.“ Ein Auftritt als Zeugin bleibt Anna B. jedoch erspart. „Ich will meinen Sohn nicht wieder sehen“, schrieb sie dem Gericht. Muss sie wohl auch nicht: Am Freitag fällt das Urteil, Kurt B. wird wohl auf Dauer in der Psychiatrie untergebracht.

Doch es gab auch andere Zeiten im Leben der B.s: Früher seien Mutter und Sohn gut miteinander ausgekommen, erzählte eine Nachbarin, zugleich Cousine von Kurt B. Der Vater hingegen sei schon immer ein „rotes Tuch“ für den Angeklagten gewesen, fügte ihr Mann hinzu. Der „Kurti“ sei „oft ausgerastet“, sagte der 66-Jährige. Dennoch habe die Familie untereinander nie über solche Probleme gesprochen. Jan Zier