„Vergewaltiger braucht Ruhe!“

ANGST II Verfolgt, vertrieben, bedroht: Die Odyssee des Ex-Sicherungsverwahrten Hans-Werner W.

Die „Bild“ spürte ihn auf – und protestierende Anwohner vertrieben ihn

Einer der drei Männer, die der Hamburger Senat jetzt in Moorburg untergebracht sehen möchte, ist Hans-Werner W.: Der heute 55-Jährige wurde vor 30 Jahren wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt. Danach kam er für 22 Jahre in Sicherheitsverwahrung.

Seit Juli 2010 ist Hans-Werner W. offiziell ein freier Mann, der seine Schuld verbüßt hat – und Anspruch auf gesellschaftliche Wiedereingliederung hat. Drei Gutachter haben ihm bescheinigt, einer Persönlichkeitsstörung zum Trotz seien erneute gefährliche Straftaten von ihm nicht zu erwarten. Seit er aus der Sicherheitsverwahrung entlassen wurde, hat Hans-Werner W. eine Odyssee hinter sich gebracht – wo immer er sich niederlassen wollte, sah er sich massiven Drohungen ausgesetzt.

Im niedersächsischen Bad Pyrmont, wo der damals 53-Jährige direkt nach seiner Entlassung hinzog, spürte ihn die Bild auf – und protestierende Anwohner vertrieben ihn. Er äußert den Wunsch in „eine anonyme Großstadt zu ziehen“ und landete am Rand von Hamburgs, in der Anzengruberstraße im Stadtteil Wilstorf.

Mit der erhofften Anonymität wurde es auch dort nichts – wiederum dank des großen Boulevardblatts: Kaum hatte das Wort über den Hintergrund des neuen Nachbarn die Runde gemacht, stellten sich vor seiner Wohnung Menschen auf, mit Schildern wie „Bitte leise! Sadistischer Serienvergewaltiger braucht Ruhe!“ oder „Vergewaltiger sollten keine Menschenrechte haben!“.

Unter Polizeischutz musste W. die Wilstorfer Wohnung verlassen, über sein weiteres Schicksal wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Als nächstes wollte er nach Reinbek (Kreis Stormarn) umziehen, was der Protest der dortigen CDU und FDP im Herbst 2010 verhinderte. Die damalige Hamburger Senatssprecherin konstatierte, „dass überall, wo Herr W. künftig wohnen möchte, nach dem St. Florians-Prinzip verfahren“ werde.

Auch in Hamburg-Niendorf forderten besorgte Eltern, W. anders unterzubringen. Er lebte zeitweise auf dem Gelände einer Hamburger Klinik, war auf dem Areal einer Einrichtung im Stadtteil Eilbek untergebracht. Seit Anfang dieses Jahres schließlich lebte er in einem ausgedienten Altenheim in Hamburg-Jenfeld, zusammen mit zwei weiteren vormals sicherungsverwahrten Männern.

Auch in Jenfeld drohten ganz normale Leute W. und seinen zwei Mitbewohnern an, sie „plattzumachen“. Weil der Mietvertrag für das Jenfelder Gebäude ausläuft, soll Moorburg ihre nächste Station werden.  MAC