Wahlkreis mit vielen Neureichen

Wer auf den Restaurantschiffen „Klipper“, „Hoppetosse“ oder im „Freischwimmer“ noch einen der begehrten Plätze ergattert hat, wird in der Regel vergessen haben, dass er die Grenzen des alternativen Kreuzbergs verlassen hat und sich bereits im bürgerlichsten aller Ostberliner Bezirke befindet. Und doch ist das so: Trotz einiger angesagter Szenetreffs zwischen der Konzerthalle Arena, Spreeufer und Sowjetischem Ehrenmal ist Treptow-Köpenick alles andere als ein In-Viertel. Im Gegenteil: Der Bezirk tut alles dafür, seinen Ruf als Zehlendorf des Ostens auszubauen.

In der Tat ist seit der Wende einiges in Gang gekommen. Mit einer für Berlin verhältnismäßig geringen Arbeitslosigkeit von etwa 14 Prozent ist es dem Bezirk mit seinen 243.000 EinwohnerInnen gelungen, sich innerhalb weniger Jahre der abgewirtschafteten Industrieriesen zu entledigen. Stattdessen haben sich viele kleine und mittelständische Gewerbebetriebe angesiedelt. Oberschöneweide in Treptow, der Innovationsparkt Wuhlheide in Köpenick und das Adlergestell, Berlins längste Straße, stehen nicht mehr für leer gefegte Industriebrachen und schrottreife Montagewerke aus der Stalin-Ära, sondern für die Ansiedlung moderner Medien-, Technologie- und Kommunikationsunternehmen. Die beiden höchsten Bürohäuser stehen nicht am Potsdamer Platz; mit 31 Stockwerken sind es die beiden Treptowers. Längst rangiert im Sozialstrukturatlas der Ortsteil Köpenick gleich nach den gut situierten Gebieten Zehlendorf und Steglitz an dritter Stelle.

Dazu beigetragen haben sicherlich der Umzug der naturwissenschaftlichen Institute der Humboldt-Universität nach Adlershof und die noch anstehende Verlegung der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) nach Oberschöneweide – was den Zuzug weiterer innovativer Betriebe nach sich gezogen hat und noch ziehen wird.

Auch als Wohnort wird der flächenmäßig größte Verwaltungsbezirk mit dem höchsten Anteil an Grün- und Wasserflächen in Berlin gerade bei jungen Familien und Häuslebauer immer beliebter. Zwar hat Treptow-Köpenick mit 1.362 Einwohnern pro Quadratkilometer nach wie vor die niedrigste Bevölkerungsdichte. Trotzdem weist der Südosten im Gegensatz zu allen anderen Bezirken eine positive Wanderungsbilanz auf. Lange Zeit galt insbesondere Köpenick als Hort wohlhabender SED-Bonzen. Nun haben auch viele Neuberliner aus Westdeutschland immer weniger Hemmungen, sich in den riesigen Villenvierteln entlang des Kleinen und Großen Müggelsees niederzulassen. Profitieren von dieser Entwicklung dürfte langfristig die CDU – sicherlich aber noch nicht bei diesen Bundestagswahlen. FELIX LEE