Sperrung, Räumung, Zwangsversteigerung

Wenn Hauseigentümer ihre Rechnungen nicht bezahlen und die Anlage verkommen lassen, sind die Mieter die Leidtragenden. In Mönchengladbach drohte ihnen jetzt die Sperrung der Strom- und (Warm-)Wasserversorgung

BOCHUM taz ■ Die Abschaltung der Warmwasserversorgung konnte noch einmal abgewendet werden. Die Bewohner der Hochhaussiedlung Römerbrunnen in Mönchengladbach können aufatmen – vorerst. Weil der Eigentümer der Siedlung, die Firma Tyscon, bei der Bezahlung der Heizkosten in Höhe von rund 200.000 Euro säumig geblieben war, hatte der Kölner Fernwärmelieferant Thermo-Tex in Erwägung gezogen, im kommenden Herbst die Wärmelieferung einzustellen. „Wir haben jetzt vom Eigentümer eine schriftliche Zusage, dass die Zahlungen bis Ende des Jahres erfolgen“, so Werner Pütz von Thermo-Tex.

Erst vergangene Woche konnte mit knapper Not die Sperre von Gemeinschaftsstrom und Wasser verhindert werden. „Mit der Androhung einer Sperre haben wir lange gezögert“, sagt Wolfgang Hüppe von der Niederheinischen Versorgungs- und Verkehr AG (NVV). Ein halbes Jahr lang hatte Eigentümer Tyscon seine Rechnungen nicht bezahlt.

Auch die NVV hat mit Tyscon einen befristeten Zahlungsplan erarbeitet. Bisher wurde fast die Hälfte der ausstehenden 130.000 Euro bezahlt. „Sollte einmal kein Geld mehr kommen, geht die ganze Kiste von vorne los“, so Hüppe. Problematisch für die 1.500 Mieter des Römerbrunnens sind nicht nur unbeglichene Rechnungen. Auch das Gebäude ist seit Jahren in einem miserablen Zustand. Nur noch 360 der 756 Wohneinheiten sind belegt. Es gibt weder vernünftige Brandschutzmaßnahmen, noch ausreichend Notausgänge. „Da die Siedlung auf einer ehemaligen Mülldeponie errichtet wurde, riecht es überall nach Methan“, so Karl Sasserath, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Mönchengladbach.

Sollte der Eigentümer die Mängel nicht bald beheben, wird eine Zwangsverwaltung des Römerbrunnens nach Angaben der Stadt nicht mehr ausgeschlossen. Schriftliche Aussagen des Vermieters, wonach mehr als die Hälfte der Bewohner ihre Miete nicht zahlen, müssten geprüft werden, sagt Wolfgang Speen, Sprecher der Stadt. Bei immerhin 150 Wohnungen kommt die Stadt für Miete und Nebenkosten auf – „ein Betrag von 26.000 Euro pro Monat“, sagt Speen.

Probleme mit Eigentümern von Großwohnanlagen sind in Nordrhein-Westfalen keine Seltenheit. Auch in Duisburg ist es wegen Versäumnissen eines Besitzers zu einem Zwangsversteigerungsverfahren gekommen. „Aufgrund von Sicherheitsmängeln musste die Stadt im vergangenen Jahr ein Wohnhaus in Duisburg-Hochheide zumauern“, sagt Josip Sosic, Sprecher der Stadt. Laut Bauordnungsamt bestand Gefahr für Leib und Leben der Bewohner des sogenannten „Weißen Riesen“. Die Stadt Duisburg leitete umgehend ein Verfahren ein und siedelte die Bewohner um.

Zur Zeit prüft das Duisburger Bauordnungsamt, ob ein weiterer Weißer Riese aus Sicherheitsgründen geschlossen werden muss. Der Eigentümer, die Erfurter Tyscon Group, hat den Bewohnern nach Berichten der WAZ zum 1. November die fristlose Kündigung ausgesprochen. Reimund Düster, Leiter des Bauordnungsamtes, will die 40 Wohneinheiten schon bis Anfang Oktober räumen lassen. „Das Problem, dass sich Eigentümer nicht mehr um die Sicherheit der Gebäude kümmern, gibt es bundesweit“, so Düster.

Auch in der Dortmunder Nordstadt gibt es einen ähnlichen Fall. Dort musste vor zwei Jahren ein Haus mit 102 Eigentumswohnungen geräumt werden. Strom, Gas und Wasser waren bereits abgestellt, für die Sicherheit der Bewohner konnte nicht mehr garantiert werden. Seitdem steht das Gebäude leer. Gerne würde die Stadt das Gebäude reaktivieren. „Es gibt auch Kaufinteressenten, aber die Eigentümer sind nicht erreichbar“, so Hans-Peter Neuhaus, Leiter des Dortmunder Wohnungsamtes. Für die Bewohner wurden gemeinsam mit dem Mieterschutzverein neue Unterkünfte gesucht. GESA SCHÖLGENS