„Die Flasche gibt es nicht“

Zweite Runde im Verfahren gegen zwei Polizeibeamte, die im Anschluss an eine Bambule-Demo eine Passantin mit Knüppeln traktiert und verletzt haben

Vor dem Landgericht hat das Berufungsverfahren gegen die Polizeibeamten Gunnar O. (34) und Jörn B. (29) begonnen, denen Körperverletzung im Amt zur Last gelegt wird. Beide hatten am Abend des 19. November 2002 im Anschluss an eine Bambule-Demo als Mitglieder des berüchtigten Einsatzzugs Mitte die unbeteiligte Katja G. mit Knüppeln traktiert und verletzt.

In seiner gestrigen dreistündigen Vernehmung bestätigte Rechtsanwalt Manfred Getzmann, der Augenzeuge des Vorfalls war, die Darstellung der 32-jährigen Grafikerin. Er habe gesehen, wie zwei Beamte, die zusammen mit ihrer Einheit die Wohlwillstraße von Anwohnern räumten, die zierliche Frau von hinten mehrfach mit dem Schlagstock stießen. Katja G., gerade in das Schreiben einer SMS vertieft, hatte sich daraufhin umgedreht und gerufen: „Ich wohn doch in der Schanzenstraße – ich will doch nur nach Hause.“ Und: „Ich will doch nur telefonieren.“

Dessen ungeachtet habe einer der Beamten nun richtig ausgeholt und auf die Frau eingeschlagen, die taumelnd zusammenbrach. Anwohner kamen ihr zu Hilfe und brachten sie in eine Kneipe. „Die Frau saß zitternd in der Kneipe und weinte“, erinnert sich Getzmann, der zuvor beim Zugführer Strafantrag gegen die Polizisten gestellt hatte.

Die beiden Beamten geben in ihren Einlassungen jeweils einen Schlag durchaus zu. Katja G. habe sich ihren Anordnungen, weiterzugehen, mehrfach widersetzt und Jörn B. angespuckt. Danach habe sie „schwungvoll ausgeholt“ und den Beamten eine leere Flasche vor die Füße geworfen, so Gunnar O. Für Katja G. ist diese Version ein „Lügenkonstrukt“. Bestätigt wird sie dabei von Getzmann: „Da ist keine Flasche aufgeschlagen“, beteuerte er energisch auf mehrfache Nachfrage. „Die Flasche gibt es nicht.“

In erster Instanz hatte Amtsrichter Thomas Semprich die beiden Beamten zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt; sie sind seither suspendiert. Der Prozess wird fortgesetzt. Kai von Appen