KEK gibt sich kämpferisch

Die Medienkonzentrationswächter wollen die Fusion von Springer und ProSiebenSat.1 vier Monate intensiv prüfen

„Natürlich sindZeitungenmeinungsrelevanterals Fischkonserven“

POTSDAM taz ■ Zu viel öffentliches Interesse war bisher nicht das Problem der Kommission zur Ermittlung des Konzentrationsgrads im Medienbereich (KEK). Bis zu dieser Woche: Bei der Entscheidung, ob die Axel Springer AG wie geplant die ProSiebenSat.1-Gruppe übernehmen kann, kommt dem unabhängigen Expertengremium mit Sitz in Potsdam noch vor dem Bundeskartellamt die Schlüsselrolle zu.

Und die KEK gibt sich kämpferisch: „Wir fühlen uns gut gerüstet“, sagt ihr Vorsitzender Dieter Dörr, und man wird den Eindruck nicht los, der quirlige Professor für Öffentliches Recht freut sich auf die nächsten vier Monate. So lange will die KEK prüfen, ob durch die geplante Fusion von Europas größtem Zeitungshaus mit der Privatsender-Familie das neue Unternehmen eine „vorherrschende Meinungsmacht“ in Deutschland erlangt. Stellt sie dies fest, wäre es Essig mit der Großfusion.

Laut Rundfunkstaatsvertrag ist von solcher Meinungsmacht auszugehen, wenn ein Unternehmen mit seinen Sendern 30 Prozent Zuschauermarktanteil erreicht. ProSiebenSat.1 kommt aktuell zwar nur auf knapp 22 Prozent, doch die KEK kann auch dann eingreifen, wenn die Aktivitäten „im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss einem Zuschaueranteil von 30 Prozent entspricht“.

„Marktmacht bedeutet noch keine Meinungsmacht“, sagt Dürr. Bei den KEK-Prüfungen wird daher entscheidend sein, wie sie die Meinungsmacht der traditionellen Springer-Produkte bewertet: Der Konzern verlegt mit Bild Deutschlands einziges echtes Massenblatt, zusammen mit seinen weiteren Titeln beherrscht er ein knappes Viertel der gesamten deutschen Tagespresse. Dazu kommen zahlreiche private Radiosender von Schleswig-Holstein bis Sachsen.

„Natürlich sind Zeitungen meinungsrelevanter als zum Beispiel Fischkonserven“, sagt Dürr. Und natürlich habe Radio eine andere Meinungsmacht als Wetterdienste im Internet. Dass es bisher keine klaren Kriterien gibt, wie die „Meinungsmacht“ dieser „medienrelevanten“ TV-Verwandten zu berechnen ist, macht der KEK keine Sorgen: „Die Auslegungskompetenz liegt bei der Kommission“, sagt Dürr, und „als Experten“ hätten er und seine fünf anderen „unabhängigen und weisungsfreien Sachverständigen des Rundfunk- und des Wirtschaftsrechts“ nun mal „genug Selbstbewusstsein“, auch solche „unbestimmten Kriterien“ sachgerecht anzuwenden.

Das Springer-Argument, die KEK hätte schließlich 2001 bereits einem ähnlichen Zusammenschluss bei Bertelsmann zugestimmt, bei der ja auch ein großes Pressehaus eine große TV-Familie namens RTL übernommen hätte, lässt Dürr schon heute nicht gelten: „Die Bertelsmann AG ist etwas anderes als die Axel Springer AG.“ Und überhaupt liege „dieses Verfahren anders“ als alle bisherigen in der Geschichte der KEK. STG