HAMBURGER SZENE VON KAI VON APPEN
: Geizige und Knauserige

Die beiden jungen Touristinnen kommen schon in der Ferne ins Staunen, als sie am Dammtor das Cinemaxx-Kino passieren. „In Hamburg gibt es wohl schon morgens um zehn Uhr Vorstellungen“, sagt die eine zur ihrer Begleiterin mit schwäbischem Akzent.

Diese stülpt erstaunt ihre Sonnenbrille über die Haare. „Das sind keine Kinobesucher, das sieht mehr nach Theater aus“, sagt sie. Dabei blickt sie skeptisch auf die Jutesäcke, die die Versammelten über ihre Plastikpullis mit der Aufschrift „wir streiken“ gestreift haben, um wie Sklaven auszusehen.

Rund 40 Cinemaxx-MitarbeiterInnen hatten sich vor dem Kino aufgebaut, in dem die Hauptversammlung des Konzerns stattfand. Auf ihrem Transparent stand „Very Unhappy Employees“. Die Großbuchstaben stünden für „VUE“, den neuen Hauptaktionär, lassen sich die Touristinnen erklären. Und dass die Gewerkschaft Ver.di seit Monaten um eine Tariferhöhung von einem Euro kämpft.

„Ich bekomme im Service gerademal acht Euro die Stunde“, sagt eine Mitarbeiterin. Der Betriebsrat berichtet, dass alle Streikenden für diesen Tag ausgesperrt seien. „Uns Schwaben sagt man immer nach, wir seien geizig“, sagt die eine Touristin. „Andere sind noch knauseriger.“ Dann setzt sie ihre Sonnenbrille wieder auf und zieht mit ihrer Freundin von dannen.