Zum Guten gewendet

Borussia Mönchengladbach ist Tabellenführer, weil Trainer Rose trotz Problemen einen neuen Stil etabliert

Im grünen Bereich: Marco Rose lässt sich von Rückschlägen nicht beirren Foto: dpa

Aus Mönchengladbach Andreas Morbach

Die großzügig geschnittene Trainingsjacke wehte Patrick Herrmann wie ein Mantel um den schmalen Körper. Ansonsten aber kam der 28-jährige Angreifer ausgesprochen lässig daher. Beide Hände tief in den Jackentaschen versenkt, quatschte er nach dem 5:1-Spektakel gegen Augsburg fröhlich mit den Kollegen und sprach dann noch ein bisschen über sich. Wie unerfreulich es in diesem Frühjahr zum Beispiel gewesen sei, nicht zu wissen, wie es mit ihm in Gladbach weitergehen soll. Und ob überhaupt.

Mit Marco Rose war schließlich ein neuer Trainer verpflichtet – und damit ein anderes, auf Athletik und Willen basierendes Spielsystem. Leichtgewicht Herrmann, schon unter Roses Vorgänger Dieter Hecking zuletzt in die zweite Reihe gerückt, schien nicht so recht in diese neue Borussen-Welt zu passen. Anderseits ist der gebürtige Saarländer seit elf Jahren im Verein und bei den Fans extrem beliebt. „Unser Sportdirektor hat mir klargemacht, was für eine Rolle Patrick hier spielt. Das kann dir als neuer Trainer helfen“, berichtete Rose von entsprechenden Beratungen mit Max Eberl. Und Herrmann selbst meinte nach seiner Wiedergeburt im Borussia-Park: „Alles hat sich noch mal zum Guten gewendet und ist so gelaufen, wie ich es immer wollte.“

Der Ex-Nationalspieler und Bankdrücker wurde in den letzten Tagen zum Sinnbild für den Gladbacher Aufschwung, der gerade im Sturmlauf an die Tabellenspitze mündete. Dort oben thronten die Niederrheinischen zuletzt vor acht Jahren. Nun dienten ihnen die armen Augsburger als Trampolin – wobei in Roses starkem Ensemble die Offensivkräfte Herrmann und Alassane Plea herausragten. Oder, wie es der Chefcoach treffend beschrieb: „Wir haben viele gute Entscheidungen mit Ball getroffen und uns so gute Chancen gegeben, mutig Fußball zu spielen.“

Das Leichtfüßige und Elegante, das den Stil des Rautenklubs über viele Jahre prägte, ist seit Sommer einer Spielweise mit vielen Sprints, verstärkten Läufen in die Tiefe und insgesamt deutlich mehr körperlicher Präsenz gewichen. Kraftvolle, schnelle Typen wie Denis Zakaria, Marcus Thuram oder Breel Embolo stehen für die neue Ausrichtung. Doch das Schöne ist: Auch Akteure wie Herrmann oder der emsige Techniker Laszlo Benes finden in diesem System ihren Platz.

Kraftvolle Typen wie Thuram oder Embolo stehen für die neue Ausrichtung

In elf Tagen werden die Gladbacher versuchen, ihre Tabellenführung beim selbsternannten Titelanwärter Dortmund zu behaupten. „Uns wurde immer vorgeworfen: Wenn es um etwas geht, kriegt ihr’s nicht hin. Das haben wir heute geschafft“, kommentierte Sportchef Eberl am Sonntag stolz, nannte das aktuelle Tableau ein „wunderbares Bild“, ehe er eine weitere wichtige Erkenntnis formulierte: „Wir lassen uns nicht beeinflussen.“

Damit meinte der 46-Jährige die bislang dürftigen Leistungen in der Europa League, nach denen das Rose-Team mit Siegen in der Bundesliga jeweils eine positive Reaktion zeigte. Gegen die Außenseiter aus Wolfsberg und Başakşehir Istanbul sprang nur ein Remis heraus.

„Das 0:4 gegen Wolfsberg hängt uns noch ein bisschen nach“, weiß Eberl. Doch es war zugleich eine lehrreiche Lektion. Der defensive Mittelfeldspieler Christoph Kramer berichtet: „Gegen Augsburg haben wir von A nach B gespielt, ohne den Ball zu verlieren. In Istanbul haben wir dagegen zu viel Hektik verbreitet. Das war nichts, darüber haben wir in der Mannschaft gesprochen.“