Visionär ohne Kanten

Der Designer Luigi Colani ist im Alter von 91 Jahren gestorben

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Er stürmte voran, er wollte immer mehr als das momentan Mögliche, er grollte, wenn andere nicht mitkamen oder, schlimmer noch, ihn gar nicht erst verstanden. Luigi Colani, der so berühmte wie zeitweise auch geschmähte Stardesigner war seiner Zeit oft weit voraus. Er erdachte spektakuläre und futuristische Autos, Rennwagen oder Flugzeuge. Er ließ Lastwagen mit raumschiffähnlichem Führerhaus bauen. Er entwarf wie ein Berserker und er überwarf sich zeit seines Lebens nebenbei mit so ziemlich allen Designkollegen. Jetzt ist der so dickköpfige wie egozentrische Meister der runden Form im Alter von 91 Jahren in Karlsruhe gestorben. Er sei am Montag einer schweren Krankheit erlegen, sagte seine Lebensgefährtin Yazhen Zhao.

Seine Welt sei rund, betonte er immer. Er hasste eckige Formen, rechte Winkel und harte Geradlinigkeit. Stattdessen gestaltete er neben seinen vielen aerodynamischen Fahrzeug-Prototypen rundleibige Fernseher, dickbäuchige Kugelschreiber, geschwungene Stühle, sanftförmige Brillen oder ovalschwebende Klos – kein Gebrauchsgegenstand war ihm zu banal. Eine von ihm entworfene Kugelküche sah aus wie direkt aus „Raumschiff Enterprise“ entsprungen. Erfolge feierte er unter anderem auch mit der legendären Canon T90, die das Design der Marke entscheidend prägte.

Sein Denken, so sagte er, sei stets auf das Morgen zugegangen. Ablehnung, wie sie ihm nicht zuletzt wegen seiner hochfahrenden und überheblichen Art entgegenschlug, kränkte ihn, auch wenn er das nicht gerne zugeben mochte. „Das Scheitern liegt auf der anderen Seite“, sagte er bockig. Colani fühlte sich verkannt.

Was ihm vielleicht Genugtuung sein mag: Am Ende seines Lebens würdigte man ihn zunehmend wieder als den, der er schon immer war – ein Visionär. (dpa)