Peinliche Post für Parlamentarier

LONDON Nach einer ersten Zwischenbilanz im Spesenskandal des britischen Unterhauses fordert die unabhängige Kommission Abgeordnete auf, zu viel erhaltene Gelder aus vier Jahren zurückzuzahlen

BERLIN taz | Mehr als 500 der 646 Mitglieder des britischen Unterhauses haben am Montag unangenehme Briefe erhalten. Eine Kommission, die mit der Aufarbeitung des Spesenskandals im Parlament beschäftigt war, hat allen Abgeordneten mitgeteilt, wie viel Geld sie zu viel abgerechnet hätten. Nur bei einem geringen Prozentsatz der Parlamentarier gab es keine Beanstandungen. Einige müssen Informationen nachliefern, die meisten sollen zahlen.

Großbritanniens Labour-Premier Gordon Brown hat laut der Spesenprüfung 12.415 Pfund zu zahlen, weil die Kosten für die Reinigung seiner Dienstwohnung als unangemessen betrachtet wurden und eine Rechnung doppelt berücksichtigt worden war. Oppositionsführer David Cameron, der zuvor schon eine Rückzahlung geleistet hatte, muss nur die Höhe einer Hypothekenzahlung belegen. Der Chef der Liberaldemokraten Nick Clegg muss 910 Pund für Gartenarbeiten zurückzahlen. Da es bislang keine Höchstgrenze für Tätigkeiten wie Gartenarbeit oder Reinigung gab, hat die Kommission diese selbst festgelegt, für Reinigung auf 2.000, für Gartenarbeit auf 1.000 Pfund pro Jahr. Die Höchststrafe erhielt die frühere Innenministerin Jaqui Smith. Sie musste sich im Unterhaus entschuldigen.

Zahlreiche Parlamentarier monierten, die Kommission habe im Nachhinein Kriterien aufgestellt, die zuvor nicht gegolten hätten. Allerdings riefen alle Parteiführer ihre Parlamentarier dennoch auf zu zahlen, auch wenn die Bescheide rechtlich nicht bindend sind. Das Spesengebaren hatte das Vertrauen in die Politik im Sommer schwer erschüttert. Die unklaren Regeln wurden genutzt, um Zweitwohnungen zu renovieren, Luxusartikel anzuschaffen, Swimmingpools zu sanieren oder Tennisplätze auszustatten. Ganze Familiensitze wurden mit Steuergeldern instand gesetzt. GB