LEUCHTEN DER MENSCHHEIT TANIA MARTINI
: Die Agenten der Stasi

Mehr als eineinhalb Jahre will die Publizistin Regine Igel bei der Stasiunterlagenbehörde die Akten der Hauptabteilung Terrorabwehr des DDR-Staatssicherheitsdienstes gewälzt haben. Mit bemerkenswerten Ergebnissen und keiner falschen Bescheidenheit. „In dieser Systematik und in dieser Menge wurde zum ersten Mal ausgewertet“, sagte sie einer ostdeutschen Tageszeitung, mehr als 60.000 Seiten habe sie ausgewertet. Und, um es kurz zumachen, ihre Schlussfolgerung: Die Stasi steuerte die RAF, Doppelagenten tummelten sich unter den Militanten jedweder Couleur. Selbst die Ultras aus dem rechtextremen Lager wie Odfried Hepp oder die Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) arbeiteten danach aufs Engste mit dem DDR-Geheimdienst zusammen.

Von den Anfängen in der Zeit der außerparlamentarischen Opposition über den Terror der Bewegung „2. Juni“ bis hin zu den nicht aufgeklärten Morden der sogenannten dritten Generation der RAF – stets sollen die Akteure einen direkten Draht zum realsozialistischen Geheimdienst unterhalten haben, wenn sie nicht sogar dessen Agenten waren. Weshalb, warum? Fehlanzeige. Eine der schärfsten Thesen, die Igel in ihrem jetzt erschienenen Buch „Terrorismus-Lügen. Wie die Stasi im Untergrund agierte“ (Herbig, 2012) im Zusammenhang mit der weithin unbekannten dritten RAF-Generation aufstellt: „Es ist wahrscheinlich, dass alle diese Terroristen eingesetzt wurden für die Anfang der 1980er-Jahre begonnene Offensive des ,Friedenskampfes‘ gegen die Nato.“ Hallo? Der „Friedenskampf“ der DDR-Oberen zielte auf die westdeutsche gewaltfreie Friedensbewegung, richtete sich gegen den Nato-Nachrüstungsbeschluss. Was RAF und Co. da verloren haben sollen, wird wohl das Geheimnis der Autorin bleiben. Kein Geheimnis, aber auch nicht neu: Alles Stasi außer Mutti.

■ Die Autorin ist Redakteurin der taz