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: Last Dance
in Freedom?

Am Sonntag schwärmte die taz-Crew in Dresden aus: Wir frühstückten mit Betroffenen des Braunkohle-Tagebaus in der Lausitz, begleiteten SpitzenkandidatInnen bei der Stimmabgabe, verbrachten den Tag bei Geflüchteten und KommunalpolitikerInnen. Für einen Live-Blog auf taz.de wollten wir von allen wissen: Was bedeutet dieser Tag für sie?

Dabei sprachen wir auch mit Steffen Richter vom Verein Akubiz in Pirna in der Sächsischen Schweiz. Richters Verein betreibt in der einstigen Hochburg organisierter Neonazis kritische Jugendarbeit. Anders als in den Jahren zuvor hätten die Parteien diesmal „tatsächlich intensiv Wahlkampf gemacht“, sagt Richter. In Pirna etwa gab es Fahrradtouren an der Elbe, Kochshows und Grillabende, Toni Hofreiter, Dietmar Bartsch und andere Bundespolitiker sind nach Pirna gekommen. Man habe gemerkt, dass die Parteien die Wahl „diesmal wirklich ernst nehmen“, sagt Richter.

Das gilt auch für die Zivilgesellschaft: Überall in den beiden Bundesländern gab es am Wochenende Konzerte, Kundgebungen, Aktionen und Aufrufe zur Wahl. Darunter war auch das Crossover-Festival im sächsischen Grimma mit dem nicht ganz ernst, aber auch nicht ganz unernst gemeinten Motto „Last Dance in Freedom“.

Ernst war es offenbar auch den WählerInnen: Bis 14 Uhr gaben etwa in Dresden fast 62 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab – ein Rekordwert. 2014 hatten das bis zu dem Zeitpunkt erst 38 Prozent getan. In Brandenburg waren es 31,3 Prozent gegenüber 22,4 Prozent vor fünf Jahren.

Eine gute Nachricht, gewiss. Dem Abend sahen viele Menschen gleichwohl mit einem mulmigen Gefühl entgegen: Viele Vereine hatten zum gemeinsamen Anschauen der Wahlergebnisse eingeladen: „Wenn es so dicke kommt, ist es besser, wenn man nicht allein ist“, das hörten wir öfter.

Die Wahlen in Sachsen und Brandenburg verfolgt die taz bis zum 3. September mit einer Redaktion in Dresden. Alle Texte: taz.de/tazost

Wie dicke es denn nun kommt und was danach passiert, das wollen wir uns weiter aus der Nähe ansehen: Bis Donnerstag bleibt die taz-Redaktion in Dresden. Unser Ost-Schwerpunkt aber läuft dann noch zwei Monate weiter: Auch über die Landtagswahl in Thüringen werden wir eingehend berichten, allerdings ohne dort eine temporäre Redaktion aufzubauen wie in Dresden.

Christian Jakob