brief des tages
:

Kaninchen und Kirmes

„Großer Bogen um die Provinz“, taz vom 24. 8. 19

„Das Lokale zeigt konkrete Politik im überschaubaren Rahmen. Das Lokale könnte eigentlich Königsdisziplin des Journalismus sein, wenn man die scheinbare Enge des Lokalen als Chance begreift. Und gerade im Lokalen gibt es ja verdeckte Geschichten, die unter den Teppich gekehrt werden sollen“, sagte Gerhard Kromschröder, ein Altmeister des Journalismus, schon vor zehn Jahren.

Was im Lokalen alles unter den Teppich gekehrt wird, ist kontinuierlich über zwölf Jahre in den Berichten des Homberger Hinguckers dokumentiert. Geschichten, über die die lokale Presse den Mantel des Schweigens legt und sich lieber auf Karambolagen, Kaninchen und die Kirmes beschränkt. Auch die Parteivertreter, die Aufsichtsbehörden und sogar die Staatsanwaltschaft spielen mit. Die Provinz ist schon lange pressefrei. Hier werden die krummen bis kriminellen Geschäfte nicht gestört. „Das macht doch nichts, das merkt doch keiner“, sang schon 1979 Hans Scheibner. Die Bürger aber hören trotzdem einiges, sie spüren ihre Ohnmacht, ihre Wut wächst, für die sie ein Ventil suchen. Auf diesem Grund gedeiht der rechte Populismus. Delf Schnappauf, Homberg