Platzhirsche vor

Die SPD-Parteibasis in Schleswig-Holstein hat die Frauenquote gekippt – die Parteispitze ist verärgert

In der Nacht zum Freitag ging es hoch her bei den Genossen in Kiel. Gewählt werden sollte die SPD-Landesliste für die bevorstehende Bundestagswahl, und die Parteispitze hatte auch einen Vorschlag ausgearbeitet, unter Berücksichtigung der SPD-Frauenquote selbstverständlich. Nach der müssen von den ersten zehn Plätzen auf der Liste vier für Frauen reserviert werden.

Bis hinunter zu Platz sechs ging noch alles gut. Doch bei Platz sieben, dem letzten gerade noch aussichtsreichen Listenplatz, regte sich Widerstand. Nach der Quotenlogik wäre (als dritte Frau) Roswitha Möllerwiebus dran gewesen. Die Delegierten wählten aber einen Mann: Wolfgang Wodag, Bundestagsabgeordneter und Direktkandidat im Wahlkreis Schleswig-Flensburg.

Roswitha Möllerwiebus war bei der letzen Wahl im Wahlkreis Steinburg-Dithmarschen unterlegen, als Direktkandidatin trat sie diesmal gar nicht mehr an. Für die „sehr engagierte Genossin“ (SDP-Fraktionssprecherin Petra Bräutigam) wäre es die einzige Chance gewesen, in den Bundestag zu kommen.

Doch auch die Direktkandidaten der SPD zittern nach den schlechten Prognosen der Meinungsforscher um ihre Mandate. Dummerweise sind unter den elf Direktkandidaten der SPD aber nur zwei Frauen. Also hatte die Parteispitze Kandidatinnen ohne eigenen Wahlkreis auf die Liste gesetzt, vor verdienten Abgeordneten. Das erregte den Unmut der Basis.

Noch bei der Landtagswahl hatte bei den zehn ersten Plätzen auf der Landesliste das „Reißverschlussprinzip“ gegolten: eine Frau, ein Mann, eine Frau. Gegenüber dieser Quotenübererfüllung wirke das jetzige Ergebnis „schon etwas seltsam“, räumt Fraktionssprecherin Petra Bräutigam ein. Noch deutlichere Worte fand der SPD-Landesvorsitzende Claus Möller: er sprach von einem „politischen Schaden“. Er selbst sei „aber nicht angeschlagen“, ließ Möller hinterher verkünden.

Die schleswig-holsteinische CDU macht es sich da leichter. Als die Landesliste aufgestellt wurde, fanden zur Frauenquote keine Diskussionen statt. Auf Vorschlag von Ministerpräsident Harry Peter Carstensen wurden die ersten elf Listenplätze komplett mit den Direktkandidaten der elf schleswig-holsteinischen Wahlkreise besetzt. Darunter befindet sich nur eine Frau. taz