Individuelle Kulturräume

Alternative zu Massenkonsum und Kommerz: Abseits der großen Bühnen und Musikläden wollen liebevoll gestaltete Kleinkunstbühnen besonders auch unbekannten Akteuren ein Forum bieten

von Filis Aygar

Zigarettenrauch, Biergeruch, und von der kleinen Bühne tönt Modern Jazz – Blues-Club-Atmosphäre in Eimsbüttel. Die Musiker des Pär-Lammers-Trios aus Amsterdam, die an diesem Abend im LIVE auftreten, sind keine weltbekannten Stars. „Musik für Individualisten“ nennt Inhaber Axel Thomas sein Konzept, mit dem er seit knapp zwei Jahren von Blues über Jazz bis Country alles, was die Hamburger bis amerikanische Szene hergibt, in seinem Laden erklingen lässt.

Abseits der großen Bühnen und Musikläden, fernab vom Massenkonsum und Kommerz, breiten sich in Hamburgs Vierteln kleine, liebevoll eingerichtete und individuell geprägte Kulturräume aus. Anfänger und Halb-Profis treffen hier aufeinander und geben sich ein Stelldichein der kulturellen Vielfalt. Die kleinen Bühnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, auch weniger bekannten Künstlern ein Forum zu verschaffen.

„Wir sind ein Club von Musikern für Musiker“, beschreibt dies Axel Thomas. Bei Bedarf kann das LIVE sogar „alle benötigten Instrumente“ zur Verfügung stellen, „das ist für nicht-professionelle Musiker ein großer Vorteil“. Mit „Schnupperabenden“ sollen Laien an Jazz- und Blues-Konzerte herangeführt werden, und „einmal im Monat organisieren wir zusätzlich eine A-capella-Night für jeden, der Lust hat, mal was auszuprobieren“.

Das hat im Kulturzentrum foolsgarden schon Tradition. „Meine Bühne steht jedem nach Absprache offen“, sagt Chefin Hanne Mogler. Bereits seit 1978 bietet die Kleinkunstbühne im Schanzenviertel Raum für Theater, Musik, Kabarett und Improvisation.

„Ich wollte in Hamburg ein Haus schaffen, in dem Künstler einen Raum haben sich zu präsentieren, egal ob Profis oder Anfänger, egal ob Theater, Kabarett oder Comedy“, erzählt Mogler, die selbst „jahrelang von Frankreich bis nach nach Deutschland über Kleinkunstbühnen gezogen“ ist und auch schon mit Udo Lindenberg auf der Bühne stand. Seit 26 Jahren trägt sich das Konzept, Erfolgsmeldungen inklusive: Lilo Wanders beispielsweise habe ihre Karriere im foolsgarden begonnen, sagt Mogler. Und auch heute noch freut sie sich über „Künstler, die schon bekannter sind und immer wieder hier bei mir auftreten“.

Auch Thorsten Fixemer stand früher mit seiner Blues-Band auf der foolsgarden-Bühne, seit drei Monaten will er mit seinem Mobile Blues Club anderen Künstlern eine Bühne bieten. Hier kann man, wenige Minuten von der Piazza im Schanzenviertel entfernt, im Garten Live-Musik genießen. Oder sich, wenn es die Witterung denn so verlangt, die Bands im Bauwagen anhören – neben der winzigen Bühne samt Klavier und einem kleinem Tresen fänden dort immerhin 30 Personen Platz, versichert Fixemer.

Für die Zukunft ist zudem ein regelmäßiges Vormittagsprogramm für Schulen und Kindergärten mit Clowns und Theater geplant. Überhaupt sind Kinder hier gern gesehen, da der Garten ausreichend Platz und zusätzlich eine Kinderecke bietet, wo sich die Kleinen beschäftigen können, während sich die Älteren ihren muskalischen Vorlieben widmen.

Ganz ohne Musik kommt man im Uni-Viertel zwar auch nicht aus, sie läuft aber nur leise im Hintergrund. Stattdessen bietet das Literatur-Café Mathilde liebevoll ausgestattete Nischen, in die man sich zurückziehen kann, um bei einem Becher Kaffee die angebotene Literatur durchzustöbern oder einfach nur die Tageszeitung zu lesen.

Oder um den Lesungen von bekannten und weniger bekannten Schriftstellern zu lauschen. „Auch Literaten, die ihre Werke noch nicht veröffentlich haben, können nach Absprache ihre Werke oder Gedichte vortragen“, beschreibt Tamara Steg, eine der drei Besitzerinnen, das Veranstaltungskonzept. Doch auch Schauspieler sind hier schon aufgetreten, etwa Oliver Törner, der Regisseur, der auch die Elfen im Park aufführt. Und am kommenden Dienstag liest Helmut Gensch aus den Werken von Thomas Mann.

Zusätzlich bietet Mathilde Kurse rund um die Literatur an, Drehbuch- und Buchbinderseminare zum Beispiel oder eine kreative Schreibwerkstatt. Am 4. September organisiert das Literatur-Café zu seinem dritten Geburtstag einen unkommerziellen Flohmarkt mit Live-Musik und Lesungen von verschiedenen, zum Teil auch unbekannten Autoren.

foolsgarden theater e.V., Lerchenstraße 113, Programm: www. foolsgarden-theater.deMusic Club LIVE, Fruchtallee 36, Programminfo: www.music-club-live.deMathilde, Literatur & Café, Bogenstraße 5, Programm: www.mathilde-hh.deMBC Mobile Blues Club, Eifflerstraße/Ecke Lippmannstraße, Programm: www.mobile-blues-club.de