Tropenholz in Kinderbüchern

WALDSCHUTZ Der WWF weist bei Benjamin Blümchen & Co Papier aus Tropenwäldern nach. Schuld seien chinesische Papierproduzenten, die Zellstoff aus dubiosen Quellen bezögen

Viele deutsche Verlage lassen ihre Bücher im Fernen Osten drucken

AUS FRANKFURT/MAIN FELIX LEE

„Erforsche deine Umwelt“ lautet der Titel eines Kinderbuches vom Kosmos Verlag. Und der Untertitel: „Umweltschutz kinderleicht!“ Doch ausgerechnet dieses Kinderbuch trage zur Zerstörung des tropischen Regenwalds bei, sagt Johannes Zahnen von der Umweltstiftung WWF. So wie viele andere bekannte Titel auch, so der Papierexperte, darunter die Kinderbuchbestseller „Benjamin Blümchen – Komm mit mir durch den Tag!“, „Felix bei den Kindern dieser Welt“ und „Bodobär auf der Ritterburg“.

Eine Stichprobe der Umweltorganisation auf dem deutschen Buchmarkt hat ergeben, dass 19 von 51 getesteten Kinderbüchern große Anteile von Tropenholz enthalten. Der Grund: Ein erheblicher Anteil der in Deutschland verkauften Bücher wird in China produziert, wo die Umweltstandards für die Papierproduktion niedrig sind. „Bücher aus Tropenholz-Raubbau tragen zum Artensterben und zum Klimawandel bei, da für ihre Herstellung Wälder zerstört werden“, kritisierte WWF-Waldexpertin Nina Griesshammer am Mittwoch auf der Frankfurter Buchmesse. Die nachgewiesenen Hölzer wie Shorea oder Rhizphora kämen in aller Regel nicht in extra angelegten Plantagen, sondern fast ausschließlich in tropischen Natur- und Urwäldern vor, so die WWF-Expertin. Für die positiv auf Tropenholz getesteten Bücher sei ganz offensichtlich natürlicher Tropenwald abgeholzt worden. Und da spiele die chinesische Papierindustrie eine dominierende Rolle.

Denn Indonesien, das seit Jahren großflächig Tropenwälder vernichtet, ist Hauptexporteur von Zellstoff für die Chinesen. Nach WWF-Angaben werden inzwischen knapp 17 Prozent des weltweit gehandelten Ausgangsstoffs für Papier nach China exportiert, davon 50 Prozent der Zellstoffexporte Indonesiens. Täglich gingen unersetzbare Tropenwälder von einer Fläche von fünf Fußballfeldern allein auf den einst grünen Inseln Borneo und Sumatra verloren, so Griesshammer. Geht es so weiter, werde es diese Wälder 2020 nicht mehr geben.

China wiederum hat sich innerhalb weniger Jahre zum weltweit größten Papier- und Buchproduzenten gemausert. 34,3 Prozent der deutschen Buchimporte kommen mittlerweile aus dem Fernen Osten, was einer Menge von über 41.000 Tonnen Papier entspricht. „Bei diesen Produkten ist das Risiko häufig groß, dass Raubbauholz verarbeitet wurde“, heißt es vom WWF.

Eine Mitverantwortung tragen dem WWF zufolge die deutschen Verlage, namentlich die Branchengrößen Bertelsmann, Esslinger aus der Klett-Gruppe und Pattloch aus der Verlagsgruppe Droemer Knaur. „Jeder in der Produktionskette trägt Verantwortung“, sagt Zahnen. Als Konsequenz fordert der WWF die Verlage zu einer Selbstverpflichtung auf, entweder Recyclingpapier oder glaubwürdig zertifiziertes Frischfaserpapier aus verantwortungsvoller Waldbewirtschaftung zu nutzen. Und dies sei durchaus möglich. Bücher aus dem Verlag Random House zum Beispiel würden bereits komplett auf umweltfreundlichem Papier gedruckt.

Einige Verlage reagierten ablehnend auf die Forderungen des WWF. Andere wiederum verwiesen auf Einzelfälle und versprachen, den Vorwürfen nachzugehen. Renate Stefan, Herstellungsleiterin des Berlin Verlags, etwa versprach, „zukünftige Lizenzgeber“ aufzufordern, „nur noch zertifiziertes Papier für die gemeinsamen Bücher einzusetzen“. Diese Verantwortung sei ihnen vor einigen Jahren bei dem vom WWF überprüften Titel „noch nicht so bewusst“ gewesen. Aber: Sie hätten dazugelernt.

■ Mehr zur Messe: buchmesse.taz.de