Ein Denkmal fürs Spielzeug

Kinofilme, TV-Serien und Videos – Spielzeughersteller wissen, wie sie ihre Kernzielgruppe heute am besten erreichen. Der neueste Streich: Playmobil kommt ins Kino

Playmobil produziert derzeit auch die TV-Serie „Novelmore“ Foto: Playmobil

Von Wilfried Urbe

Medien spielen im Leben von Kindern eine große Rolle. 66 Minuten TV schauen die 8- bis 13-Jährigen laut einer RTL-Studie durchschnittlich pro Tag. Und der Branchenverband Bitkom hat errechnet, dass sich 87 Prozent der 10- bis 18-Jährigen regelmäßig Videos auf dem Smartphone anschauen. Parallel dazu werden die Sprösslinge immer zahlungskräftiger, so steht es zumindest in der aktuellen Kindermedienstudie: Über rund 3 Milliarden Euro Taschengeld verfügen die 5- bis 13-Jährigen pro Jahr, während die Eltern weitere 5,3 Milliarden Euro für sie ausgeben. Damit sind die jüngsten Zielgruppen bei Sendern und Portalen begehrt.

Dabei zahlen die Sender anders als im „normalen“ Medienbusiness oft wenig Geld für die Inhalte, die sie den Kindern anbieten: weil die Produzenten durch die Ausstrahlung der Inhalte auf einen erhöhten Abverkauf entsprechender Merchandising-Produkte rechnen können und dadurch zusätzlich Geld verdienen. So verdankt beispielsweise Milliardär Haim Saban seinen Aufstieg den „Power Rangers“. Als Produzent brachte er die Serie nicht nur weltweit ins Fernsehen, sondern kassierte vor allem beim Verkauf der Spielzeugfiguren mit ab.

In den letzten Jahren sind auch die arrivierten Spielzeughersteller auf den Geschmack gekommen, gehen aber den umgekehrten Weg. Gerade Marken, die bei den kleinen Konsumenten beliebt sind, können leicht in die Medienwelt übertragen werden. Lego ist ein Beispiel, Playmobil das aktuelle Beispiel. Wenn bald der erste Playmobil-Kinofilm weltweit startet, dann ist das nur der Auftakt des Spielzeugkonzerns Geobra Brandstätter, um aus den kleinen Spielfiguren Stars zu machen.

Böse Zungen könnten jetzt natürlich behaupten, der Film sei lediglich ein 90 Minuten langer Werbeclip, um den Verkauf der Fünfeinhalb-Zentimeter-Männchen anzukurbeln. „Wir haben uns diesen Schritt sorgfältig überlegt, und wir sehen dieses Engagement als eigenständiges Geschäftsfeld und eben nicht als Vehikel, um den Abverkauf der Spielzeugprodukte noch weiter anzukurbeln“, betont hingegen Playmobil-Markenvorstand Lars Wagner.

Anders als viele andere Spielzeughersteller hat das fränkische Unternehmen früher kaum Wert auf Lizenzprodukte gelegt, oder eben auch den Transfer der Marke ins Kino, Internet oder in die TV-Welt. Vor allem das Engagement im Film-, Movie-, Entertainmentbereich soll einen weiteren starken „Touchpoint“, so das Management, für die Marke erzeugen.

Aktuell produziert Playmobil seine erste große TV-Serie über eine neue Ritterwelt mit dem Titel „Novelmore“. Der Start ist für nächstes Jahr geplant. Auch eine „Heidi“-Reihe im Playmobilstil ist in Vorbereitung. Beide Produktionen sollen rund um den Globus vermarktet werden. Wagner wurde eigens dafür letztes Jahr in die Führungsriege des Unternehmens mit Hauptsitz in Zirndorf berufen. Mit Partnern aus Europa und den USA möchte er Produktion und Vertrieb voranbringen.

Rund 3 Milliarden Euro Taschengeld kriegen die 5- bis 13-Jährigen pro Jahr

Animations-Serien gehören jedenfalls zu den beliebtesten Formaten in der Kinderunterhaltung. „Während früher TV-Sender hier die einzig relevante Plattform waren, ist hier eine starke Veränderung in der Mediennutzung zu beobachten“, erklärt der Markenvorstand des deutschen Spielzeug Konzerns. Auch die Kleinen tummeln sich immer mehr in der digitalen Welt.

Für den Regisseur des Playmobilfilms, Lino DiSalvo, ging es darum, den Markenkern des Spielzeugs „ehrlich“ wiederzugeben: „Bei Playmobil geht es um Rollenspiele, konzipiert für junge Kinder, darauf wollte ich mich konzentrieren.“ Für viele Menschen, die damit aufgewachsen sind, so der Amerikaner, der zuvor bei Disney als Animationschef tätig war, sei Playmobil „hoch emotional“: „Und ihre Kinder wachsen auch damit auf, dem wollte ich mit dem Film eine Art Denkmal setzen.“

Die Medienpädagogin Maya Götz schließlich rät, dass in Hinblick auf Playmobil oder Lego in Filmen bestimmte Deutungsmuster nicht direkt mitgegeben werden: „Für Kinder haben diese Spielzeuge eine hohe Attraktivität, da zu ihrer Entwicklung Rollenspiele dazugehören, sie versetzen sich anhand von Stellvertreterfiguren in fremde Welten, spielen teilweise eigene Erlebnisse nach und versuchen, neue Handlungsmuster zu finden.“ Und das sollte durch vorgefertigte Geschichten nicht beschränkt werden.