Ein Graf verschwindet

Carl-Eduard von Bismarck ist CDU-Direktkandidat im Wahlkreis Herzogtum Lauenburg. Nun hat sich der mondäne Jet-Set-Politiker krank gemeldet – mitten im Wahlkampf. Das sorgt für Irritationen

Des Ur-Urenkels persönliches Motto: „Wirtschaft-das-sind-wir-alle“

von Daniel Wiese

Die Mitteilung aus dem Hause Bismarck war kurz und sachlich. „Carl-Eduard von Bismarck“, schrieb dessen Pressesprecher Andreas Henschel, „wird ab Ende August seine Wahlkampftermine wahrnehmen.“ Bismarck, der für die CDU als Nachrücker für Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen im Bundestag sitzt und bei der kommenden Wahl als CDU-Direktkandidat im Wahlkreis Herzogtum Lauenburg/Stormann kandidiert, sei „seit dem 28. Juni 2005 krank“.

Datiert war das Schreiben vom 5. August und die Bundestagswahl ist bekanntlich im September. Die CDU im Wahlkreis Herzogtum Lauenburg könnte also durchaus nervös werden. Stattdessen steht sie wie ein Mann hinter ihrem Direktkandidaten: „Er hat mit mir persönlich geredet und mitgeteilt, dass er an der Wirbelsäule erkrankt ist“, sagt der Kreisvorsitzende Klaus Schlie, der von Bismarck einfach als „Calle“ spricht. „Und wenn er mir das versichert, dann glaube ich das.“

Die Sache mit der Wirbelsäule stand auch in der offiziellen Presseerklärung, außerdem, dass Bismarck in London behandelt worden sei und derzeit in den USA zur Rehabilitation weile. In London hat der Ur-Urenkel des ehemaligen Reichskanzlers Verwandtschaft, in den USA hat er gelebt. Es passt also alles zusammen.

Dennoch scheinen nicht alle die Geschichte zu glauben. So schrieb die Bergedorfer Zeitung: „Auf unsere besorgte Frage, in welchem Krankenhaus Bismarck operiert wurde“, habe Bismarcks Pressesprecher geantwortet, er wisse auch nicht, wie das Krankenhaus heiße. Der ganze Vorgang, so die Zeitung, gebe „Raum für Spekulationen“.

Auch in der CDU scheint Bismarck umstritten zu sein. Als Carstensen Ministerpräsident und für den Bundestag nachnominiert wurde, hatte Bismarck drei Gegenkandidaten. „Wenn ich das Mandat bekäme, würde ich nichts anderes mehr machen“, wurde einer von ihnen im Hamburger Abendblatt zitiert, das bei der Gelegenheit gleich an Bismarcks letzten Bundestagswahlkampf erinnerte: „Mal saß von Bismarck in Marbella fest, mal war sein Flug von München kurzfristig gestrichen worden.“

Da war er wieder, der Ruf Bismarcks als „adligen Dandys“ (Manager Magazin). Mag sein Anwesen auch im lauenburgischen Sachsenwald stehen, so sah man ihn doch auf roten Teppichen gehen, an der Hand schöner Frauen wie der ehemaligen Miss Texas Laura Harring, die später in dem großartigen David-Lynch-Film „Mulholland Drive“ die Hauptrolle spielen sollte.

Immerhin erzählte seine nächste Frau Celia, die er in Monaco beim Grand Prix kennen lernte, der Welt am Sonntag nur Gutes über die Bismarcks: „Die sprechen zig Sprachen und haben zig Kinder, und ihre Gastfreundschaft ist imponierend“, plauderte die mittlerweile geschiedene Bismarck. Besonders beieindruckend fand sie „die alte Fürstin“: „Sie trug immer Kaftane in Blau oder Pink, mit riesigen Broschen auf der Brust.“

Carl-Eduard von Bismarck kommt aus einer mondänen Welt, doch ist auf ihn als Politiker Verlass? Die Frage steht im Raum. Wie um die Vorurteile zu widerlegen, zählt der Abgeordnete Bismarck auf seiner Homepage auf, was er im Wahlkreis tut: Landesminister treffen, Amts- und Ortsverbände besuchen. Sein „persönliches Motto“ sei „Wirtschaft-das-sind-wir-alle“, erklärt Bismarck, und wirklich, die Wirtschaft ist er ja selbst, der künftige Chef des Hauses Bismarck, der mit dem Titel des Fürsten einmal ein Imperium erbt. Momentan kümmert sich der Unternehmer Bismarck um Immobilien, Forst und Lizenzen in der Fürstlich von Bismarck’schen Verwaltung.

Möglich, dass er den Wirbel um seine Krankmeldung gar nicht versteht. „Herr von Bismarck ist sicher, die Wahl zu gewinnen“, erklärt sein Sprecher. Die letzte Wahl hatte Bismarck gegen den SPD-Kandidaten verloren. Aber es bleibt ja immer noch die Landesliste. Dort ist er jetzt um drei Plätze vorgerückt, auf Platz sieben.

Für den Wiedereinzug könnte das reichen – auch wenn sein Wahlkampf kurz werden wird.