Nur noch hinter dem Vorhang agieren

Hannover 96, also Martin Kind, plant die Zukunft des Vereins, ohne selbst noch arbeiten zu wollen

So plötzlich und unerwartet wie seinen Antritt hat Martin Kind auch seinen Abgang inszeniert. Nach acht Jahren legt der Clubchef von Hannover 96 Ende August seine Ämter beim Bundesliga-Club nieder. Der Rückzug des 61 Jahre alten Unternehmers, der die 96-Familie am Mittwochabend überraschte und die Stadt wie einen Donnerschlag traf, hinterlässt keinen Scherbenhaufen. Außerdem wird Kind als Gesellschafter der mächtigsten Gesellschaft, der Sales & Service GmbH, als Gesellschafter erhalten bleiben und über diesen Status weiter Einfluss ausüben.

Kind hat das Feld bestellt. „Manager Ilja Kaenzig und Stadionchef Karl-Heinz Vehling sollen meine Nachfolger in der für die Bundesliga zuständigen KGaA (Gesellschaftsform, d.Red.) werden“, sagte „Mister 96“. Wie viele andere war auch Kaenzig zuvor nicht über den Rücktritt informiert gewesen. „Wir haben aber in den vergangenen Wochen über strukturelle Änderungen gesprochen“, berichtete Kaenzig.

Der 32 Jahre alte Schweizer ist grundsätzlich bereit, mehr Verantwortung bei Hannover 96 zu übernehmen. Allerdings ist auch für ihn eine neue Situation entstanden. In allen Zukunftsmodellen hatte Kind eine wichtige Rolle gespielt. Warum der Clubchef sich nach achtjähriger, erfolgreicher Alleinherrschaft nun aus dem alltäglichen Vereinsgeschehen zurückziehen will, konnte auch Kaenzig nicht erklären. „Für mich sind die Herausforderungen der zum Teil schwierigen Vergangenheit im Wesentlichen erfolgreich abgeschlossen“, argumentierte Kind.

Er hatte 1997 auf einer turbulenten Versammlung aus dem Nichts die Nachfolge vom damaligen Clubchef Utz Claassen übernommen, als 96 sportlich und wirtschaftlich am Boden lag. Die Mannschaft spielte in der Regionalliga, der Verein stand vor dem Bankrott. Der Unternehmer aus der Hörgeräte-Branche änderte die Strukturen – Kind gründete drei Gesellschaften – und führte den zweimaligen deutschen Meister trotz einiger personeller Fehlgriffe bei der Verpflichtung von Spielern, Trainern oder Managern zurück in die Bundesliga.

Neben Kaenzig dürfte Karl-Heinz Vehling der neue starke Mann bei Hannover 96 werden. Der Chef der AWD-Arena ist als dreifacher Gesellschafter in der Bundesliga-KGaA, in der für Vermarktung zuständigen Sales & Service GmbH und in der Stadion-Betriebsgesellschaft vorgesehen.

Offen ist noch, ob Kind auch das Amt als Cheforganisator der WM 2006 für Hannover abgibt. Sein Rücktrittsentschluss, betonte der Clubchef, habe nichts mit der Panne beim Saisonstart zu tun. Gegen Hertha BSC hatten sich wegen eines Systemausfalls lange Schlangen vor den Eingangstoren und vor den Ladestationen für Geldkarten gebildet, mit denen die Zuschauer Bier und Würstchen kaufen können. TAZ/DPA