Lernen statt leer fahren

Der Ridesharing-Dienst Moia startet eine zweijährige Begleitforschung in Hamburg. Analysiert werden die Effekte des Angebots auf den gesamten Verkehr in der Stadt sowie das Verhalten der Nutzer*innen

Die Ergebnisse sollen für andere Städte nutzbar gemacht werden

Von Katharina Gebauer

Der Ridesharing-Dienst Moia will herausfinden, wie sich sein Mobilitätsangebot auf Hamburg auswirkt. In den kommenden zwei Jahren werden Wissenschaftler*innen der Bundeswehruniversität München (UniBwM) und des Karlsruhe Institute of Technology (KIT) die Wirkungen von Moia auf die Stadtmobilität analysieren, teilte das Unternehmen am Mittwochvormittag bei einer Pressekonferenz mit.

Im Rahmen einer Begleitforschung beschäftigen sie sich mit den Effekten des Sharing- und -Pooling-Angebots auf den gesamten Stadtverkehr und erforschen, welches Verkehrsmittel die Nutzer*innen für Moia-Fahrten stehen lassen.

Rund eine Viertelmillion Menschen nutzen die App, seit Mitte April wurden 340.000 Fahrten gebucht. „Es gibt mehr Nachfrage, als wir momentan bedienen können“, sagt Moia-Sprecher Christoph Ziegenmaier. Moia ist seit April mit derzeit etwa 100 elektrisch betriebenen Fahrzeugen auf Hamburgs Straßen unterwegs und bereits seit Oktober 2017 in Hannover präsent.

Ein Bus des VW-Tochterunternehmens lässt sich per App ordern, an einem festgelegten Haltepunkt steigt man hinzu. Ziel ist, die Wegstrecke mit bis zu sechs Personen zu teilen, um das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Dadurch wird auch der Preis geteilt: Er liegt mit durchschnittlich sechs bis sieben Euro pro Fahrt etwa zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis.

In den kommenden Wochen wird das Angebot auf 200 Minibusse verdoppelt, danach wird auf 500 Fahrzeuge aufgestockt. Abhängig von den Ergebnissen der Begleitforschung kann die Flotte 2022 auf die genehmigte Größe von 1.000 Autos wachsen. Erst Anfang des Monats wurde eine eingeklagte Begrenzung auf 200 Fahrzeuge per Gerichtsentscheid aufgehoben. Kläger war ein Taxiunternehmen, das seine Rechte und Interessen verletzt sah.

Trotz der allgemeinen Einschätzung, dass vor allem leere Moia-Fahrzeuge durch die Stadt fahren, liege die sogenannte Pooling-Quote bei über 60 Prozent, sagt Ziegenmaier. „Pooling“, Englisch für bündeln, beschreibt das Bestreben des Unternehmens, die Routen unterschiedlicher Fahrgäste mit nur einer Fahrt zu bedienen. Im Falle der Quote seien somit über 60 Prozent der Fahrten von mindestens zwei verschiedenen Nutzer*innen geteilt worden.

Damit die Anfahrtsstrecke als Leerfahrt zur Entlastung des individuellen PKW-Verkehrs beiträgt, müsse es mindestens eine Nachfrage von fünf Prozent geben, sagt Klaus Bogenberger von der UniBwM. Grundlage für die Schätzung ist eine Simulation für den Raum München. Umgerechnet auf die Hamburger Verhältnisse sei eine Flotte von 1.000 Autos sowie eine hohe Kundennachfrage erforderlich.

Das KIT plant, 1.000 Moia-Nutzer*innen zu ihrer Auswahl des Dienstes und ihren Verkehrsmittelpräferenzen zu befragen. Zudem werden 1.000 Hamburger Nichtnutzer*innen gefragt, welche Verkehrsmittel sie benutzen. Die Ergebnisse sollen Anfang 2020 vorliegen.

Hauptaugenmerk der Analyse sind also Prognosen zukünftigen Nutzer*innenverhaltens. „Wir wollen herausfinden, von welchem Verkehrsmittel sie auf Ride-Sharing-Angebote umsteigen“, sagt Martin Kagerbauer vom KIT. Die Ergebnisse sollen über Hamburg hinaus für andere deutsche Städte nutzbar gemacht werden.