Letzter Schnitt

„Gerichtsmediziner Dr. Leo Dalton“, 20.15 Uhr, RTL

Ein Vierteljahr nun war eine verbindliche, hin und wieder spröde Gerichtsmedizinerin namens Samantha Ryan Heldin zur Primetime bei RTL. Die britische Serie, in ihrer Heimat populärer als hier der „Tatort“, brachte dem deutschen Sender auf dem neuen Sendeplatz passable, wenn auch nicht beglückende Quote. Die letzte Folge vor dem Führungswechsel unter dem allerdings irreführenden Titel „Gerichtsmediziner Dr. Leo Dalton“ – denn bis zuletzt ist Ryan die Chefin, nicht ihr Vize – zeigt, was britische TV-Serien können und deutsche nicht: Ohne Effekthascherei, nur mit klugen Drehbüchern und intelligenten Geschichten will man auskommen und setzt auf ein Publikum, das die Kompliziertheiten der Ermittlungen (und privaten Umstände) genießt.Private Dinge geraten in dieser Folge freilich in den Mittelpunkt, geklärt, glaubwürdig gar, wird nicht weniger als der Anlass dafür, eine so gründliche, kaum anfechtbare Gerichtsmedizinerin zu werden: des Vaters Tod durch eine Bombe in Nordirland im Angesicht seiner Tochter. Jeder Fall nach diesem traumatischen Verlust nichts als der Versuch, zu ermitteln, ob sich in Gewebespuren finden lässt, was den Grund gibt für eine sehr persönliche Trauer. Das Ende möchte nicht verraten werden, aber das sei erwähnt: Die Art und Weise, wie Amanda Burton die Samantha Ryan spielt, war ohnehin beeindruckend. In dieser Folge ist zu studieren, wie man, ohne überkandidelte Posiererei, eine Frau spielt, die ihr Kind zur Adoption freigab – ihn nun nach fast 30 Jahren wiederfindet, keine Mutter sein will und am Ende doch wird. Das Lächeln der Amanda Burton als Sam Ryan in der letzten Szene … anrührend. Gerichtsmediziner Leo Dalton kommt bei RTL vorläufig noch drei Mal zum Zug, freilich erst im kommenden Jahr: Er ist kein schlechter Nachfolger, im Gegenteil. JAF
FOTO: RTL