KOMMENTAR: JAN KAHLCKE ÜBER KIRCHLICHE PFANDSAMMLER
: Unliebsame Konkurrenz

Das Sammeln von Pfandflaschen ist eine der größten Umverteilungsmaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte. Die, die nichts oder zu wenig haben, können sich auf diese Weise selbst helfen. Das Pfandsystem ist dadurch ein umkämpfter Markt geworden.

Wenn sich die Kirche nun auch auf diesen Markt begibt, trägt sie zur Verknappung bei. Sie entzieht dem Kreislauf Flaschen, die sonst Armen zugutekommen könnten. Denn gerade jene solidarischen Menschen, auf deren Beteiligung die Kirche hoffen kann, stellen ihr Pfand schon mal auf die Straße, damit es Obdachlosen zugutekommt. Spitz gesagt, machen die guten Menschen von St. Jacobi damit Sozialpolitik auf dem Rücken der Ärmsten – trotz bester Absichten.

Dass die Kirche mit der Aktion auf Armut aufmerksam machen will, klingt löblich, ist aber unnötig: Wer will, kann jederzeit sehen, wie Menschen aus Not Flaschen sammeln – und sie mit dem eigenen Pfand unterstützen. Viel effektiver sind Aktionen wie pfandgeben.de oder die „Pfandkisten“, die der Brausehersteller Lemonaid aufstellt, damit leere Flaschen gar nicht erst im Container landen. Sie kommen nämlich unmittelbar jenen zugute, die durchs soziale Raster fallen, weil sie keinen festen Wohnsitz oder die falsche Staatsangehorigkeit haben, oder weil ihre Rente nicht ausreicht.