Kommunen fordern mehr 1-Euro-Jobs

Deutscher Städte- und Gemeindebund will 150.000 neue Billigjobber. Union gegen Zerschlagung der Bundesagentur

BERLIN dpa/rtr/taz ■ Die Kommunen wollen die Anzahl der 1-Euro-Jobs um 150.000 erhöhen. Mit den derzeit gut 200.000 Angeboten habe gerade einmal jeder zehnte Langzeitarbeitslose einen Zusatzjob, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er wies Kritik vom Handwerksverband und der FDP zurück, wonach die 1-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze gefährdeten.

Die Behauptung, mit über 200.000 1-Euro-Jobs seien inzwischen alle Dämme gebrochen, sei „völlig übertrieben“. Landsberg betonte, Zusatzjobs würden sorgfältig daraufhin überprüft, ob sie reguläre Arbeitsplätze ersetzen. Grundsätzlich erwiesen sich 1-Euro-Jobs zunehmend „als sinnvolle und segensreiche Einrichtung für viele Langzeitarbeitslose“.

Mehr als 350.000 1-Euro-Jobs könnten Kommunen und Wohlfahrtsverbände aber nicht einrichten. Das sei für den ersten Arbeitsmarkt unschädlich und liege deutlich unter den von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) anvisierten 600.000. Die offiziell „Zusatzjobs“ genannten 1-Euro-Jobs sind Teil der Hartz-IV-Reform. Langzeitarbeitslose erhalten für eine zeitlich befristete gemeinnützige Tätigkeit zusätzlich zum Arbeitslosengeld II eine Aufwandsentschädigung von rund 1,50 Euro pro Stunde.

Unterdessen hat die Union die von der FDP geforderte Zerschlagung der Bundesagentur für Arbeit (BA) abgelehnt. Sie wolle entgegen den Wünschen der Liberalen auch nicht an der betrieblichen Mitbestimmung rütteln, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ronald Pofalla der Berliner Zeitung. Er erklärte, dass seine Partei im Fall eines Wahlsiegs die von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingesetzte Kommission zur Mitbestimmung weiterarbeiten lassen wolle. Die Kommission unter Vorsitz des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) soll Strategien erarbeiten, die Mitbestimmung unter verändertem EU-Recht zu sichern.

Experten der Bundesagentur für Arbeit wiederum halten die Einführung eines Niedriglohnsektors, der von Unionspolitikern vorgeschlagen wurde, laut dem Nachrichtenmagazin Spiegel für problematisch. Modelle nach dem Vorbild der USA oder Großbritanniens würden die „Nachfrage nach regulärer Beschäftigung nicht wesentlich stimulieren“ und beträchtliche Verdrängungseffekte für reguläre Jobs auslösen.