Geld ohne Zuordnung

JUS IT Automatisierte Zahlungen der neuen Jugendamt-Software führt bei Hilfe-Trägern zu Chaos. Die Stadt überweise zu viel, zu wenig oder das Falsche

■ Die Software Jus IT läuft seit Mai in Hamburgs Jugendämtern und kostete bislang 69 Millionen Euro.

■ Die Jugendamts-Mitarbeiter üben Kritik an dem Programm. Es sei starr, fehleranfällig und aufwendig in der Bedienung.

■ Praktische Hilfen für Kinder und Familien werden von freien Trägern durchgeführt. Dazu gehören Wohngruppen für Kinder und Jugendliche und ambulante Betreuung durch Sozialarbeiter.

Ein Vorteil der millionenteuren Jugendamts-Software Jus IT galt bislang als unstrittig. Die Zahlungen an freie Träger, die im Auftrag der Jugendämter Familien unterstützen, laufen automatisch. Sie müssen keine Rechungen stellen. Doch nun gibt es auch Schelte für Jus IT von Trägerseite. „Das es für uns einfacher geworden ist, ist eine Lüge“, sagt die Leiterin eines Wandsbeker Trägers. „Die Buchhaltung braucht doppelt so viel Zeit wie früher.“

Denn die Stadt überweise einfach Sammelbeträge, bei denen man nicht wisse, für welche Leistungen gezahlt wird. „Das müssen wir aber wissen. Ungefähr buchen geht nicht“, ergänzt die Leiterin eines Harburger Trägers. Beide Anbieter wollen nicht namentlich genannt werden.

Die Folge der Umstellung sei „mühsame Detektivarbeit“ nach jeder Überweisung, klagen die zwei Träger-Chefinnen. Helfen soll der Buchhaltung hier in der Theorie ein Zahlungsavis, das die überwiesenen Summen in Einzelpositionen aufschlüsselt. Doch diese Belege kämen oft nicht oder verspätet. Auch stimmten die Kategorien, für was gezahlt wird, nicht mehr mit der alten Buchführung überein. Die Bewilligungen seien oft noch auf die Namen der Kinder ausgestellt, die Avise enthalten statt Namen einen Zeichencode, der Initialen und Geburtstdaten der Eltern enthält. „Wenn dann noch die Mutter anders heißt als das Kind, ist das nicht zuzuordnen“, sagt die Harburgerin.

Hinzu käme, dass die Summen oft nicht stimmten. „Wir bekommen mal zu viel, mal zu wenig, mal das Falsche“, sagt die Wandsbeker Leiterin. Früher habe man Rechnungen an die Kostensachgebiete in den Bezirken gestellt, wo es einen festen Ansprechpartner gab. Diese seien jetzt aber nicht mehr zuständig. Stattdessen müssten die fallzuständigen ASD-Mitarbeiter die Eingaben korrigieren und machten dabei oft neue Fehler. „Wir hatten bis zu 16 Korrekturen“, sagt die Wandsbekerin.

Die Sprecherin der Sozialbehörde Nicole Serocka argumentiert, das neue Verfahren sei weniger aufwendig für die Jugendämter. Früher hätten diese Abschlagszahlungen geleistet und danach „Rechnungen mit hunderten von Positionen prüfen müssen“, um die Differenz zu überweisen. „Die Auszahlungen aus Jus IT funktionieren“, sagt Serocka. Die Träger erhielten „weitgehend“ ihr Geld. Es gebe noch Fehler. Die würden „zeitnah behoben“.  KAIJA KUTTER