taz-Thema der Woche

„Die Rente ist sicher“ zu wenig

■ betr.: „Zuschussrente“, taz vom 5. 9. 12

Unser Rentensystem muss grundsätzlich erneuert werden. Erst mal sollte wirklich jeder einzahlen und dann ist es nicht zu verstehen, warum die Besserverdiener, die die Möglichkeit haben, mit ihrem Gehalt auch privat vorzusorgen, gesetzlich dann auch mehr bekommen.

Niedriglöhner werden doppelt bestraft, sie bekommen weniger Lohn (staatlich gewollt) und können deshalb auch privat nicht vorsorgen. Darum sollten diese Menschen vom Staat mehr bekommen, auch wenn sie von der Summe weniger eingezahlt haben.

MARKUS MEISTER, Kassel

■ betr.: „Warnung vor Altersarmut“ u. a., taz vom 3. 9. 12, ff

Die „Zuschussrente“ kann nicht die Lösung des Problems sein, wenn schon normal Verdienende nach 30 bis 40 Arbeitsjahren nur noch eine Rente auf Sozialhilfeniveau zu erwarten haben. Es wäre an der Zeit, dass die Regierenden sich darauf besinnen, dass sie das Rentenniveau nicht nach Belieben absenken können und die zukünftigen RenterInnen in die Armut treiben. Es sei denn, der Sozialstaat soll ganz gegen die Wand gefahren werden. Dann können die Jungen der CDU verkünden, dass die Legitimität des Rentensystems an seine Grenzen stößt und abgeschafft gehört. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, OBERURSEL

■ betr.: „Die drohende Altersarmut“, taz vom 3. 9. 12

Ein Aufschrei der Empörung müsste durch die Masse der kleinen Steuerzahler gehen, die nicht beim Staat tätig sind und mit ihren Steuergeldern auch die Pensionen finanzieren, für die der Staat keine Rücklagen gebildet hat. Es klingt wie Hohn, dass sie jetzt zu ihren Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung eine zusätzliche Rentenversicherung abschließen sollen, um nicht in der Altersarmut zu landen.

Alle Arbeitnehmer und auch die Politiker müssten in den Topf der Rentenversicherung ihre Beiträge einzahlen und eine dementsprechende Rente daraus erhalten, dann könnte wir von einer Solidargemeinschaft sprechen. HEINZ KORNEMANN, Wolfsburg

■ betr.: „Warnung vor Altersarmut“, taz vom 2. 9. 12

Es ist ganz unglaublich. Das Renteneintrittsalter 67 ist beschlossen und wird im Jahre 2030 allgemein gültig sein. Das bedeutet, dass beim Übergang in den Ruhestand ein Neurentner dann 47 + x Beitragsjahre auf dem Zettel haben müsste (Anrechnung für Ausbildungszeiten eingeschlossen). Und Frau von der Leyen hantiert mit Berechnungen, die auf 35 Beitragsjahren für die Prognosen basieren, die sie jetzt veröffentlicht hat.

Dann kommt natürlich der alternativlose Vorschlag: „Privat vorsorgen“. Na, da freuen sich doch die Versicherungsvertreter. Ergo wurden ja wohl direkt die Konzepte in den Zentralen der Budapest-Fahrer entwickelt. Jetzt fehlt nur noch eine Jamaika-Koalition, die all das abnickt. (Wer mag, kann das Wort „abnickt“ mit „f“ denken.)

TAZITUS, taz.de

■ betr.: „Das war so gewollt“, taz vom 3. 9. 12

In der Finanzkrise mit gefährlicher Ausgangslage soll also Geld in private Versicherungen gesteckt werden. Nicht das Geld der CDU oder der Ministerin freilich.

Ehrlich wie bei den befohlenen Investitionen der Landesbanken bei Lehman Brothers entscheiden da Politiker_innen ohne passende Sachkompetenz mal wieder über fremdes Geld.

Ansonsten würden Politiker_innen schon jetzt vorwegnehmen, was nach jeder Finanzkrise und jedem Gesamtvermögensverlust schon so war: Umkehr zur umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung. Was derzeit geschieht, ist eiskalt und verantwortungslos – auch wenn da einige Lobbyisten jetzt dankbar aufstöhnen.

CELSUS, taz.de

■ betr.: „Warnung vor Altersarmut“, taz vom 2. 9. 12

Aha, wer also nicht 35 Jahre lang 2.500 Euro brutto im Monat hatte, ist sowieso schon auf das Sozialamt angewiesen, egal, weshalb er dieses Einkommen nicht hatte. Und die armen Gutverdiener von 2.500 Euro durchschnittlich in 35 Jahren müssen dann mit den faulen Säcken, die 35 Jahre lang nicht durchschnittlich auf 2.500 Euro kamen, zusammen aufs Sozialamt. Und das findet Frau von der Leyen ungerecht. Interessant, dass es ihr völlig egal ist, wenn jemand 25 Jahre gearbeitet hat und dann nach einem Jahr auch aufs Sozialamt muss und sich ähnlich behandeln lassen wie Menschen, die noch nie gearbeitet haben und noch nie was in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.

Apropos eingezahlt. Namen von Menschen, die noch nie was in Sozialversicherungssysteme eingezahlt haben, treffe ich meistens auf den Wahlzetteln an, die mir bei Wahlen zu Parlamenten vorgelegt werden. Parlamentarier zahlen keinen müden Cent in die allgemeine Sozialversicherung ein. Hier wird wieder Sand in die Augen gestreut. Ohne Reform der Rentenversicherung ist gar nix möglich. Wer hat schon 35 Jahre lang einen Durchschnittsverdienst von 2.500 Euro brutto? ARNE, taz.de

■ betr.: „Alle gegen von der Leyen“, taz vom 6. 9. 12

Damit das mit der politisch geduldeten Altersarmut nicht mehr so schlimm ist, dürfen Millionen von Arbeitnehmer/innen, Rentner/innen und Arbeitslosen mit Armutszuwendungen schon jahrzehntelang üben. Besonders müssen dies die Frauen, weil die ja nicht so gut wirtschaften können wie die Männer, deshalb bekommen die per se locker 25 Prozent weniger.

Danke, Frau von der Leyen, die andere Quotante möchte ich nicht mehr namentlich nennen. Der Trend geht beim C in der Partei ohnehin wieder auf das vielgepriesene Jenseits, gerät das Diesseits auch in reichen Ländern wieder zum nackten Überlebenskampf, sollen wir wieder froh sein, keinen Krieg im eigenen Land zu haben und eine Mahlzeit am Tag, um satt zu werden. Die Globalisierung schafft halt ähnliche Verhältnisse auf der Erde, nur eine kleine Elite macht da weiter ungeniert den Reibach. KROETE, taz.de

■ betr.: „Die Rente geht in Ruhestand“ u. a., Das Thema könnte man noch endlos fortsetzen., taz vom 4. 9. 12

Es ist allen schon seit Jahren bekannt, dass es mit der Rente in den Keller geht. Zu dieser Erkenntnis brauchen wir nicht von der Leyen. Seit die SPD mit Hartz IV die Rente systematisch zerschlagen hat, bleibt für die nächsten Generationen keine Rente mehr übrig. Da wurden die Zerstörer des sozialen System Rürup, Riester und Raffelhüschen für ihre Taten hochgelobt. Menschen, die die Riesterrente abgeschlossen haben und diese im Alter auch dringend brauchen könnten, werden darum beschissen. Denn wer Grundsicherung bekommt, bekommt keine Riesterrente; die kassiert das Sozialamt.

Hier wird schon Wahlkampf gemacht. Die SPD wird ihr blaues Wunder erleben, wenn die Wähler sich daran erinnern, wer ihnen das eingebrockt hat. Seit Jahrzehnten wird die Rentenkasse geplündert für Leistungen, die nicht von den Beitragszahlern verursacht wurden. Die steigende Zahl der Niedriglöhner wird immer größer, normale Lohnverhältnisse gibt es bald nicht mehr. Hier vertritt die Arbeitsministerin voll die Seite der Arbeitgeber. Hier wird nur noch Politik gegen das Volk gemacht. Der Lohnabhängige bezahlt die Finanzkrise. Das Kapital wird von der FDP geschützt. Es gilt der alte Spruch Gewinne werden privatisiert, Verluste werden sozialisiert.

GERHARD KAMPSCHULTE, Frankfurt am Main

■ betr.: „Die Rente geht in Ruhestand“ u. a., taz vom 4. 9. 12

Es hat etwas gedauert, aber langsam kommt auch für Nichteingeweihte an die Oberfläche, was Schröder & Co ab 1998 zu verantworten haben. Deren „Reformen“ entpuppen sich als breite Verarmungsstrategie, was die Altersversorgung der lohnabhängigen Bevölkerung angeht; dies ist das notwendige Pendant zur Umverteilungsstrategie nach oben (Flexibilisierung, Niedriglöhne, Finanzmarktliberalisierung etc.), die ebenfalls von Rot-Grün in Gang gebracht wurde. Daran gilt es vor anstehenden Bundestagswahlen immer wieder zu erinnern.

Schlimm genug, dass von keiner der etablierten Parteien ein Vorschlag zu hören ist, der mit dem ungerechten System bricht. Dabei wäre es so einfach: alle Einkommensformen und alle Stände (bei Lohnarbeit natürlich paritätisch) zahlen in ein öffentliches Rentensystem mit einem festen prozentualen Beitrag und ohne Deckelung durch Höchstgrenzen ein; dazu gehört ein gesetzlicher Mindestlohn; der Prozentsatz richtet sich danach, dass auch voll beschäftigte Mindestlöhner eine Rente beziehen, die ein auskömmliches Leben im Alter sichert. Voilà, c’est tout!

HANS GÜNTER GREWER, Saarbrücken

■ betr.: „Das war gewollt“, taz vom 3. 9. 12

Eine Erzieherin schafft es locker in die Sozialhilfe, wenn sie in Rente geht, weil wahrscheinlich kaum eine Betroffene wirklich bis 67, 68 oder 70 wird arbeiten können. Und wer dann Riester macht, der minimiert sein Risiko, aber das schützt durch den wahrscheinlich vorgezogenen Renteneintritt auch nicht. Wenn die DGB-Gewerkschaften aufwachen, dürften mehrere Jahrzehnte intensiver Arbeitskämpfe anstehen mit dem Ziel: Keine Altersarmut für Arbeitnehmer. Und Regelungen für Lücken in der Erwerbsbiographie, denn Arbeitslosigkeit ist auch heute, trotz der Propaganda, immer wieder in Phasen der Fall. Die Arbeitsministerin wird nichts bewegen und das ist gewollt, weil schon Riester ein Flop, eine Profitmaximierungsmaschine für Versicherungen, ist. Noch so eine Regelung und noch mehr Profite, aber keine „sichere Rente“ (N. Blüm). HAFIZE, taz.de

■ betr.: „Von der Leyens Renten-Waterloo“, taz vom 6. 9. 12

Das Problem ist auch die Ministerin selber: Mal backt sie der SPD einen Kuchen, mal verweigert sie Hartz-IV-Empfängern Minigelder und tüfftelt ausgefeilte Antragssysteme aus, mal ist sie von Altersarmut geschockt, mal bewegt sie das jahrelang nicht. Es gibt keinen roten Faden bei dieser Ministerin. Und deswegen zerlegen sich auch die Koalitionspolitiker entlang dieses Chaos, ziehen eben, wie hier richtig dargestellt, sozialpolitisch blank.

Bleibt nur zu hoffen, dass die Linke und die Grünen der SPD Druck machen, vernünftige Ideen und wirklich machbare Konzepte vorzulegen. Allerdings war es gerade diese Partei, die für einen Niedriglohnsektor plus Niedrigrenten gesorgt hat. Die drei möglichen Kandidatinnen lassen nichts zum Thema verlauten und sind alle bemüht, bewusst Unternehmer/Arbeitgeber-freundlich zu wirken. Aber gerade Privilegierte müssen bei einer armutsfesten Rente integriert werden. Es geht nicht ohne Gerechtigkeit: Wer viel hat, muss auch mehr geben. Alles andere führt zu nichts. Aber davon hat der Interessierte sowieso schon genug. DETLEV, taz.de

Am vergangenen Sonntag machte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen eine Modellrechnung öffentlich, nach der allen ArbeitnehmerInnen, die weniger als 2.500 Euro brutto im Monat erhalten, im Jahr 2030 eine Rente auf dem Niveau der Grundsicherung von 688 Euro droht, sofern sie nicht eine zusätzliche private Vorsorge treffen. Deshalb schlug sie vor, die Rente von Geringverdienern unter bestimmten Voraussetzungen auf bis zu 850 Euro brutto pro Monat aufzustocken. Dieses Konzept stieß in der FDP und der CDU auf scharfe Kritik. Und Bundeskanzlerin Merkel vermied es, sich im Streit über die Zuschussrente hinter die Arbeitsministerin zu stellen. Auch aus der Opposition kam Kritik, jedoch prüfen sowohl SPD als auch Grüne Konzepte, die von der Leyens Grundgedanken ähnlich sind. Die Linke schlug eine Mindestrente von 1.050 Euro netto vor.