DIE STIMMEN DER ANDEREN
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■ Le Figaro (Frankreich)

Danke, Draghi!

Zum Teufel mit der reinen monetären Lehre! Mario Draghi hat zweifellos „seinen Job gemacht“, wie man so schön sagt. Doch so pragmatisch und geschickt er auch sein mag, der EZB-Präsident kann nicht alles tun. Er fordert zu Recht Anstrengungen als Gegenleistung. Die Märkte zu beruhigen ist eine Sache. Eine ganz andere Sache ist es, ihr Vertrauen zurückzugewinnen. Dafür sind jedoch einzig und allein die Staaten verantwortlich. Sie müssen jetzt ihre Entschlossenheit unter Beweis stellen, ihre Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen. In Frankreich ist das eine gewaltige Aufgabe.

■ Il Fatto Quotidiano (Italien)

Und schon fallen die Zinsen

Mario Draghi hat nicht enttäuscht. Sein Plan des Ankaufs von Staatsanleihen der Länder, die von Spekulanten attackiert werden, verändert die Dynamik der Krise in fundamentaler Weise. Zum ersten Mal kündigt die EZB unbegrenzte Ankäufe an. Unbegrenzt: Das ist das Schlüsselwort. Und paradoxerweise wird es der EZB erlauben, nur sehr wenig Geld auszugeben. Niemand auf den Märkten wird sich nun mit der „Supermacht“ Eurozone anlegen wollen, da sie sich endlich entschlossen hat, ihre Macht auch anzuwenden. In der Tat sind die Zinsen für Staatsanleihen schon wie von selbst gefallen – für Italien, Spanien, Griechenland, Portugal, Irland, aber auch für Frankreich, Belgien und andere Länder. Das ist eine echte ideologische Wende, hin zu einer neuen Finanzkultur. Die dumme Idee „Du wirst dich mehr um den Brandschutz bemühen, wenn du weißt, dass die Feuerwehr dir nicht hilft“ ist vom Tisch. Doch Vorsicht: Die Ideologie der Ausgabendisziplin ist nur geschwächt. Aber für heute können wir zufrieden sein.

■ Libération (Frankreich)

Endlich ein Bollwerk

Seit vier Jahren ähnelt die Eurorettung einem Film, von dem man immer nur den Trailer zu sehen bekommt: Sie wurde tausendmal versprochen und auf die Agenda gesetzt, aber immer wieder verschoben. Ob dieser 6. September 2012 in die Geschichte eingehen wird, kann man noch nicht sagen. Aber möglich ist es. Das in Frankfurt war kein „schwarzer Donnerstag“, sondern ein Tag der Hoffnung oder vielmehr der unendlichen Erleichterung. In der Wirtschaft sind es die Zentralbanken, die über die Macht der Abschreckung verfügen. Aber sie müssen sie auch benutzen wollen. Dieses Mal ist die Botschaft klar: Wer auch immer „grundlos“ gegen eines der Länder der Eurozone spekuliert, muss mit sofortigen Verlusten rechnen. Die Gemeinschaftswährung wird nicht länger von einem Bollwerk aus Papier geschützt, sondern von einer Finanzmacht, die quasi atomar bewaffnet ist.

■ Jornal de Negócios (Portugal)

Das Spardiktat ist nicht besiegt

Was die EZB gemacht hat, hat sie gut gemacht. Heute, immer noch verkatert, geht es zurück an die Front. Das Spardiktat geht weiter. Der Krieg läuft immer noch, aber die Generäle haben die schwere Artillerie kommen lassen. Die Erfahrung von mehreren Jahren Frustration mahnt zur Vorsicht bei der Analyse. Vor allem, weil es noch zu viele Unwägbarkeiten gibt. Die gute Nachricht ist, dass es vielleicht nicht schlimmer wird. Die Finanzmärkte werden endlich ein Gegengewicht auf dem Markt haben: den bodenlosen Geldbeutel der EZB. Für Portugal könnte das eine ausgezeichnete Nachricht sein.

■ Il Sole 24 Ore (Italien)

Hoffnung für Deutschland

Draghi hat gestern nicht nur die Versäumnisse mangelhafter Europapolitik der letzten drei Jahre wettgemacht, sondern einen neuen Grundstein gelegt. Jetzt sind die Regierungen an der Reihe. Doch paradoxerweise wollen Krisenstaaten das europäische Auffangnetz jetzt, da es aufgespannt ist, nur widerwillig nutzen, aus Furcht vor den harten Bedingungen, die mit ihm verknüpft sind. Vielleicht war es aber auch Absicht, die klammen Länder mit der Drohung, unter europäische Aufsicht gestellt zu werden, zu den notwendigen Reformen und Haushaltskorrekturen zu bewegen. Letztlich war dies genau die Hoffnung Deutschlands, das sich mit dem Spardruck auf die Partner die Aufstockung des Rettungsfonds sparen wollte. Quelle: eurotopics, dpa, taz