Müllberg wächst Entsorgern über den Kopf

Die Abfallbranche in NRW klagt über Engpässe: Zwei Monate nach Einführung des Deponie-Verbots fehlen Kapazitäten für die Entsorgung von Müll. Experten zufolge hätten die Betriebe durchaus vorsorgen können

DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Abfall-Entsorger platzen derzeit aus allen Nähten. „Die Verbrennungsöfen sind längst überfüllt“, sagt Peter-Olaf Hoffmann, Sprecher der AG der nordrhein-westfälischen Verbrennungsanlagen. Auch das Fassungsvermögen für die Sortierung und Vorbehandlung von Abfall sei ausgeschöpft. Ursache ist das im Juni bundesweit eingeführte Deponie-Verbot. Es untersagt, unbehandelte Abfälle, die Schadstoffe enthalten, auf Müllkippen abzuladen.

Nun wissen viele Entsorger nicht, wohin mit dem Müll. „Leider versäumte ein Großteil der mittelständischen Abfallwirtschaft, rechtzeitig vorzusorgen“, so Hoffmann. „In den kommenden Monaten fehlen in der Abfallbranche Lagerkapazitäten für ein bis zwei Millionen Tonnen Müll.“ Es handele sich dabei hauptsächlich um Gewerbemüll. Bei der Entsorgung des privaten Hausmülls gebe es hingegen kaum Engpässe. „Die zuständigen kommunalen Betriebe haben rechtzeitig Vorsorge getroffen“, so Ulrich Reuters von der Abfallwirtschaft in Aachen.

Dabei hatten alle Entsorger zwölf Jahre Zeit, um sich auf das Deponie-Verbot vorzubereiten. „Das war doch absehbar“, sagt Josef Tumbrinck von Naturschutzbund NRW (NABU). Die Gewerbe hätten bislang immer von niedrigen Müllgebühren profitiert – im Gegensatz zu den privaten Haushalten. Für die nicht-kommunalen Entsorger ein „Riesenmarkt“. Vor allem, da sie bis vor zwei Monaten den Restmüll noch kostengünstig auf den Deponien abliefern konnten. „Jetzt wurde der Spieß umgedreht“, sagt Tumbrinck.

Im Juni begann der Lauf auf die freien Kapazitäten in den Müllöfen. „Die Kunden haben uns die Bude eingerannt“, sagt Wilfried Rogall von der Abfallverwertungsgesellschaft Köln. Die erhöhte Nachfrage trieb die Preise für die Verbrennung von Gewerbemüll in die Höhe. Für die privaten Haushalte dürften die Kosten unter Umständen sogar sinken. Denn die Verbrennungsanlagen der Kommunen sind nun voll ausgelastet. „Die oftmals kritisierten Überkapazitäten zahlen sich jetzt aus“, so Hoffmann. Er rät Entsorgern dazu, so schnell wie möglich in Sortieranlagen zu investieren. Vorhandene Anlagen müssten den Müll noch sorgfältiger trennen, um die Verbrennungsöfen zu entlasten. Besser wäre es aber laut NABU, den Abfall gleich am Entstehungsort zu sortieren und Restmüll zu vermeiden.

GESA SCHÖLGENS