berliner szenen
: Wohnen in der Filmkulisse

In meinem Kiez in Wedding wurde letztens ein Film gedreht. Sie haben eine alte, leerstehende Eckkneipe auffrisiert. Haben ein neues Schild über die Tür gehängt und haben der Kneipe einen neuen Namen gegeben.

Auch die Straßennamen überhängten sie für ihren Film. Vielleicht, damit nicht gleich auffällt, dass der Kiez, wenn man es sich recht überlegt, gar nicht so urig ist, wie er scheint. Längst gentrifiziert durch Zugezogene – wie mich. Während der Dreharbeiten standen immer viele Leute – Schauspieler, Statisten und was man so braucht – auf dem Bordstein und fühlten sich ungeheuer wichtig. Ich stand dann mit den anderen Anwohnern etwas entfernt und wartete, bis sie fertig waren mit Drehen und uns einer von ihnen wieder durchließ, um unsere gewöhnlichen Wege zu gehen. Zur Arbeit, nach Hause oder wohin auch immer.

Während ich dort mit den anderen wartete, fühlte ich mich auch wichtig. Als Anwohnerin nämlich, die ein Recht darauf hat, da durchzugehen. Sehr gemeinschaftlich fühlte es sich an, dort zu stehen und zu meckern, dass die da doch mal fertigmachen sollten und störten – diese Eindringlinge.

Wichtig fühlten wir uns auch, weil unser Kiez ja jetzt in den Film kommt. Was von den Filmleuten kam und was vorher schon war, weiß ich gar nicht mehr so richtig. Auch als sie gedreht haben, wusste ich manchmal nicht, wer jetzt eigentlich Statist ist und wer dazugehört.

Die Straßen heißen jetzt jedenfalls wieder wie vorher, weil man die Straßenschilder wieder braucht. Die Eckkneipe wohl nicht, sie war ja schon dicht. Ihr Schild über der Tür ließen sie hängen. Die Filmleute hätten die Kneipe lieber wieder richtig installieren und alle im Kiez einladen sollen, denke ich jetzt, wenn ich an ihrer Kulisse vorübergehe und mich freue, dass ich wenigstens nicht mehr warten muss.

Lea De Gregorio