Grüne loben Rot-Rot für grüne Politik

Vor den Haushaltsdebatten im Abgeordnetenhaus beanspruchen die Grünen die rot-roten Konsolidierungserfolge für sich. Mehrere hundert Millionen Euro Ausgabenrisiken seien im Doppelhaushalt 2006/07 nicht berücksichtigt

Hätte es nicht ein Oppositionspolitiker verkündet, sondern ein Mitglied des rot-roten Senats, wäre es wenig erstaunlich gewesen: „Wir können mit der Bilanz dieser Legislaturperiode zufrieden sein“, sagte Jochen Esser, der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Die Grünen-Mitglieder im Haushaltsausschuss luden gestern ein, um ihre Sicht auf den Doppelhaushalt für 2006 und 2007 zu erläutern. Gerade rechtzeitig vor Beginn der Haushaltsberatungen im Abgeordnetenhaus kam dabei ein zweischneidiges Lob für den Senat heraus – und ein dickes Eigenlob.

Der Stellenpool für den Personalüberhang unter den Landesbediensteten ist demnach auf Betreiben der Grünen entstanden. Bislang habe der Pool die MitarbeiterInnen jedoch eher verwaltet als besser qualifiziert, kritisierte der Grünen-Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger. Oft landeten die Bediensteten wieder in ihren alten Jobs.

Und das Ende der milliardenschweren Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau oder die Klage des Landes vor dem Bundesverfassungsgericht, um dort bis zu 35 Milliarden Euro Entschuldungshilfen des Bundes zu erstreiten? Allesamt Initiativen der Grünen. „Thilo Sarrazin schloss sich dieser Meinung an“, sagt Esser. Der Finanzsenator habe die Oppositionsforderungen „dankenswerterweise durchgesetzt“ – allerdings erst nachdem der uneinsichtige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) zurückgetreten war.

Kritik übten die Grünen-Haushaltspolitiker an Sarrazins Plan, neue Haushaltslöcher mit den Rücklagen für die Risikoabschirmung der Bankgesellschaft zu stopfen. Dagegen wollen die Grünen laut Esser in den Etatberatungen vorgehen. Auch die Sozialkosten für die Bezirke seien erneut um 100 bis 150 Millionen Euro zu niedrig angesetzt. „Das ist der alte Verschiebebahnhof“, kritisierte Schruoffeneger. „Hier tritt Rot-Rot unrühmlich in die Fußstapfen der großen Koalition.“ In den Haushaltsberatungen des Parlaments, hoffen die Grünen, lassen sich noch rund 100 Millionen Euro einsparen. Das Geld soll die Sozialmittel an die Bezirke wie auch 50 Millionen Euro zum Erhalt von Straßen und Gebäuden gegenfinanzieren.

Andere Finanzierungslücken sehen die Grünen etwa bei der Sanierung des Steglitzer Kreisels. Rund 70 Millionen Euro fehlten im Etat für die Modernisierung des maroden Hochhauses. Ähnliches gelte für die rund 40 Millionen Euro schweren Pensionsansprüche der Mitarbeiter des Jugendaufbauwerks. Aber mit ihrer Hilfe, so der Grünen-Tenor, wird’s der Senat schon schaffen. MATTHIAS LOHRE