CDU findet nur Minijobs gut

Hartz-Gesetze seien „Groschenroman“. Union will „ehrliche Arbeitslosenstatistik“

BERLIN taz ■ Nur noch für einen einzigen Teil der Hartz-Reformen will die Union mit verantwortlich sein: den mit römischer Zwei. Denn das Minijob-Gesetz, das zu Hartz II gehört und zum April 2003 in Kraft trat, war „ein Erfolg, aber leider der einzige“ der Arbeitsmarktpolitik unter Rot-Grün, sagte der CDU-Fraktionsvize Ronald Pofalla gestern.

Pofalla und die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dagmar Wöhrl, hatten zu einer Dreijahresbilanz der Hartz-Reformen geladen. Am 16. August 2002 übergab der Chef der zuständigen Kommission, Peter Hartz, dem Kanzler seinen Bericht zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Was damals als „Bibel“ galt, sei aber bloß ein „billiger Groschenroman ohne Happy End“, sagte Pofalla. Personal-Service-Agenturen, Job-Floater, Ich-AGs seien teure Flops, die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit innerem Umbau und der Umsetzung von Hartz IV „total überfordert“, sagte Wöhrl.

Von 4 Millionen sei die Zahl der Arbeitslosen auf jetzt 4,8 Millionen gestiegen. Die SPD behaupte zu Unrecht, dies sei bloß die neue Statistik: „320.000 Arbeitslose sind zwar jetzt zusätzlich erfasst“, erklärte Pofalla – aber über 500.000 seien auch aus der Statistik verschwunden. Hierunter fallen laut Unionsrechnung etwa die 200.000 Ein-Euro-Jobber oder die 240.000 Ich-AGler, die demnach in Wirklichkeit arbeitslos sind.

Pofalla kündigte an: „Wir werden eine ehrliche Statistik machen“: Die Union wolle zum – unterstellten – Regierungsantritt eine „rot-grüne Schlussbilanz“ vorlegen. Auch auf wiederholtes Nachfragen jedoch mochte Pofalla nicht sagen, wodurch eine schwarze Bilanz dann „ehrlicher“ würde.

Der Erfolg der Minijobs bemisst sich so: Ende Juni gab es 6,8 Millionen Minijobber, die für maximal 400 Euro im Monat arbeiten und keine Sozialabgaben zahlen. Nur der Arbeitgeber zahlt ermäßigte Sozialversicherungsbeiträge. Dies entspricht einem Zuwachs von rund einer Million geringfügig Beschäftigter. Pofalla wies gestern die Vermutung zurück, dass Minijobs voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verdrängen: „Das ist wissenschaftlich nicht bewiesen“, sagte er.

In der Tat gibt es bislang kaum konkrete Hinweise, dass echte Vollzeitjobs durch Minijobs planmäßig ersetzt werden, erklärt hierzu die Arbeitsmarktexpertin Dorothea Voss-Dahm vom Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen. Doch lasse sich etwa im Einzelhandel beobachten, dass sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung verdrängt werde: „Das sind dann dieselben Frauen, die auf Minijobs gehen“, sagt Voss-Dahm. Minijobs würden genutzt, nicht um Personalvolumen, aber um Stundenvolumen abzubauen. Sie seien die „Krisengewinner“ der Arbeitslosigkeit. UWI

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