HAMBURGER SZENE VON MAXIMILIAN PROBST
: Segen der Haustiere

Zuletzt kamen die Motten. Wir töten sie, wo und wie wir es können, zerdrücken sie mit einem alten Heidegger-Schinken

Tierliebe ist gut, praktische Überlegungen zählen aber auch. Wir hatten eine Weile Mäuse und nun haben wir einen Teppich auf dem Holzboden, weil das Getrappel ihrer Pfoten auf dem Parkett uns den Schlaf raubte. Seither brauchen wir nicht ständig nach Hausschuhen Ausschau halten. Gelegentlich ist uns eine Maus in die Lebendfalle gelaufen, die haben wir im Park ausgesetzt und den Kindern eine Lehre erteilt in Sachen „Leben und leben lassen“. Dass eine winters ausgesetzte Stubenmaus nicht gerade alt wird – Schwamm drüber.

Und erst die Ameisen! Das fleißige Völkchen hat uns gewaltig zur Arbeit angehalten. Immer schön alles wegräumen, Honigglas fest verschließen, den Ahornsirup ins Regal … Geschätzt haben wir sie auch als Bio-Thermometer. Wenn uns morgens die auf dem Balkon brütenden Tauben aus dem Bett gegluckst hatten und wir in die Küche kamen, wussten wir, wie der Tag wird: Sonnig, waren die Ameisen schon am Werk, ansonsten kalt und regnerisch.

Zuletzt kamen die Motten. Wir töten sie, wo und wie wir es können, zerdrücken sie mit einem alten Heidegger-Schinken (dafür taugt er noch), und halten unsere Kinder an, sie mit dem Bobby-Car zu überrollen. „Leben lebt immer auf Unkosten anderen Lebens“, sagen wir dann mit Nietzsche, den die Kleinen – den Motten sei Dank – nun auch mal kennen lernen durften.