taz🐾sachen
: Wie aus E. Ernst wurde

Was in der Zeitung steht, ist korrekt. Und das soll natürlich auch so bleiben. Allerdings stellt sich in einigen Fällen, über die wir berichten, nach und nach heraus, dass frühere Annahmen und Einschätzungen der Behörden nicht gestimmt haben oder dass die Polizei nicht die wahren Täter gefunden hat. Wie also umgehen mit Verdächtigungen?

Im Kodex des Presserats heißt es dazu: „Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse.“ Und weiter: „Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat.“

Darüber haben wir vergangene Woche in der Redaktion diskutiert, als Stephan E., der den Schuss auf den CDU-Politiker Walter Lübke „abgegeben haben soll“ (taz vom 21. Juni), nach Aussagen des Generalbundesanwalts und des Bundesinnenministers am Dienstag ein Geständnis ablegte. Laut den Ermittlern gibt es deutliche Indizien, die diese Darstellung stützen, und der 45-Jährige hat eine lange rechtsextreme Vergangenheit. Die Tat hat zudem eine große politische und historische Relevanz: Zum ersten Mal wurde ein Politiker in der Bundesrepublik aus einem rechtsextremen Motiv heraus getötet.

Wir entschieden uns deswegen wie einige andere Medien auch, in der Berichterstattung fortan seinen vollen Namen zu nennen: Aus Stephan E. wurde Stephan Ernst. Die beiden Männer hingegen, die ihn mit Waffen versorgt haben sollen, werden wir bis auf Weiteres nicht mit vollem Namen nennen. (bis)