gottschalk sagt
: Respekt,alte Rampensau!

Christian Gottschalk lebt in Köln und sagt die Wahrheit – auch zum Weltjugendtag

Montag wollte die Stadt Köln den Pilgern etwas bieten. So organisierte man für die Jugend der Welt die abgespeckte Version eines traditionellen deutschen Straßenfestes: Ein Bierpilz, eine Cover-Band. Ein bewährtes Konzept, das bei der „Edeka-Parkplatz-Party“ in Köln-Ossendorf seit Jahren für eine Bombenstimmung sorgt. Dort wird aber auch ernsthaft Bier getrunken.

Auf dem Rathausplatz traf also Unterhaltungskünstler Linus (“100-Jahre-Kaufhof-Gala“) mit seiner Band auf ein kleines, nüchternes aber freundliches Publikum, das sich weder durch Regen, schlechte Musik oder Stelzenläufer die Laune verderben lassen wollte. Christen. Vielleicht war er verwirrt, weil niemand „Ausziehen, ausziehen“ rief, als er vor „YMCA“ das Jacket wechselte, doch der Vollprofi ließ sich nichts anmerken. Stattdessen mutierte Linus zum Rockstar mit „Message“. Forderte „Peace and Love and Happiness and nothing else“ und zwar für alle. Die alte Rampensau kriegt echt jedes Publikum rum. Respekt.

Etwas mehr los war auf dem Heumarkt als die „Chupacabras“ ihr Programm mit einem Latin-Kracher beendeten. Doch Teufelstrompeter Bruce Kapusta wusste das Publikum direkt im Anschluss mit einer „Musikantenstadl“-Version des Altbierliedes „Ein schöner Tag“ nachhaltig zu verwirren. An dieser Stelle ging ich nach Hause. Ein Fehler vermutlich. Denn die Stadt hatte sich was ausgedacht für die Jugend der Welt: Ich verpasste die Höhner und Brings.

Am Kölner Hauptbahnhof indes war eines dieser Zeitalter angebrochen, in denen falsche Propheten und Eiferer Oberwasser haben. Die verrückte alte Frau mit ihrem „Jesus-rettet-dich“-Schild war umringt von jungen Menschen, Jesusschlümpfe stimmten sonderbare Gesänge an. In dieser religiös aufgeheizten Stimmung hätte mich nicht gewundert, wenn ein Lahmer „ich-kann wieder-gehen“ rufend aus dem Rollstuhl gesprungen wäre. Gewundert hätte mich nur, wenn er nicht auf die Fresse gefallen wäre.