Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um
:

Vom Hansdampf-Kurator Hans-Ulrich Obrist heißt es, er beschäftige eine*n sogenannten Nacht-Assistent*in: Während der Chef schläft, werden die Post erledigt und Manuskripte redigiert. Das verdoppelt die Produktivität. Paul Barsch und Tilman Hornig scheinen mit ihrer Vitrinen-Installation vor dem Rathaus Tiergarten einen Gegenvorschlag zu machen. Unter dem Titel „Ermüdungserscheinungen“ werden vier bedruckte Regenschirme präsentiert. Die aufgespannten Schirme sind mit groß gezogenen Fotos bedruckt, welche die erschöpften, schlafenden Künstler während eines Arbeitsstipendiums in New York zeigen. Hat sie in der Kunst-Metropole die berüchtigte „Network Fatigue“ – die Netzwerkmüdigkeit überwältigt? Was träumen sie? Der Punkt ist: Auch Nichtstun kann durchaus mit Arbeit zu tun haben (bis 30. 6., Tag und Nacht, Mathilde-Jacob-Platz 1).

Wie ein Kühlhaus betreten die Besucher*innen derzeit den Ausstellungsraum der Schöneberger Galerie Noah Klink. Doch hinter dem Vorhang aus dicken PVC-Lamellen umfängt einen keine Kälte, sondern ein relativ strenger Geruch. Gerrit Frohne-Brinkmann hat sich mit sogenannten Aas- und Dung nachahmenden Pflanzen beschäftigt, die manchmal auch als Ekelblumen bezeichnet werden. Auf dem sumpfgrünen Linoleum hat der Künstler ein schönes Ensemble aus teilweise großen pflanzenförmigen Keramiken aufgestellt und die Skulpturen mithilfe von Duftessenzen in den olfaktorischen Bereich erweitert. Diese Pflanzen, so erklärt der knappe Ausstellungstext, „weisen oft ungewöhnliche Blütenmerkmale auf, von denen angenommen wird, dass sie nekro- und koprophage Insekten als Bestäuber anziehen“. Wie es genau funktioniert, dazu wird noch geforscht (bis 31. 7., Do.–Sa. 12–18 Uhr, Kulmer Str. 17).

Gerade fällt es schwer, an den Herbst zu denken, doch die bevorstehende Einweihung einer neuen Berliner Freiheitsstatue am Freitagabend als permanente Außenskulptur im Innenhof des Hamburger Bahnhofs weckt Erinnerungen an den Mauerfall vor dreißig Jahren. „Statue of Liberty“ hat das Künstlerduo Elmgreen & Dragset ihre Skulptur genannt: ein Originalsegment der Berliner Mauer, in welches ein toter Geldautomat eingelassen ist. Vor einem Jahr nahm sie der Galerist Johann König mit zur Art Basel. Deshalb ist die Statue sehr viel zynischer und lustiger als – zum Beispiel – der balancierende Mauer-Mann von Stephan Balkenhol, der vor zehn Jahren im Auftrag der Bild-Zeitung zum Gedenken an Axel Springer vor dem Verlagshaus in Kreuzberg aufgestellt wurde (Di.–Fr. 10–18, Sa. u. So. 11–18 Uhr, Invalidenstr. 50-51).