Freibad? Fehlanzeige

Großenkneten liegt nur in der Nähe: Die sparsamste Gemeinde Niedersachsens heißt Dötlingen. Seit fünf Jahren ist der kleine Ort an der Hunte absolut schuldenfrei – und investiert trotzdem kräftig

von Kai Schöneberg

Nach einer Stunde Plausch mit Bürgermeister Heino Pauka ist die Schuldenuhr des Landes Niedersachsen um 122.400 Euro in die Höhe gerasselt – auf derzeit knapp 49 Milliarden. Die Möllrings und Eichels dieser Welt könnten in dieser Stunde aber viel vom Bürgermeister des 6.000-Einwohner-Örtchens in der Nähe von Wildeshausen lernen. Zum Beispiel wie man sparfüchsig seinen Haushalt saniert: Dötlingen, aber auch Lastrup (6.600 Einwohner) und Mollbergen (7.700) im Cloppenburger Land sind die drei einzigen von insgesamt 427 Kommunen in Niedersachsen, die im vergangenen Jahr schuldenfrei blieben.

Weil sie außerdem keine neuen Kredite planten, gab es unlängst ein dickes Lob vom Bund der Steuerzahler. Der prangerte auch gleich die größten Prasser im Lande an: Die Stadt Celle kommt auf 1.930 Euro, die Nordseeinsel Langeoog sogar auf 2.775 Euro Miese pro Nase.

Großenkneten liegt hier nur ganz in der Nähe, die schwäbischen Niedersachsen wohnen jedoch in Dötlingen an der Hunte. „Freibad Fehlanzeige: Prestigeobjekte sucht man hier vergeblich“, sagt Pauka über den Ort, der sogar seit fünf Jahren keine roten Zahlen mehr schreibt. Das mag daran liegen, dass es im Dötlinger Stadtrat „kein Hauen und Stechen“ gibt, wie Pauka betont: Trotz SPD-Mehrheit verliefen „90 Prozent der Abstimmungen einstimmig“. Natürlich geben die Dorfpolitiker „das Geld aber auch erst aus, wenn wir es in der Kasse haben“ – und das schon seit Generationen. „Politik zum Abgewöhnen“ und parteipolitische Ranküne hatte der parteilose Verwaltungswirt bei seinem vorherigen Job in der Braker Kreisverwaltung erlebt.

Als Pauka, heute 41 Jahre alt, 1996 zum Stadtkämmerer Dötlingens wurde, fing er an, den letzten Kredit über 900.000 Mark abzutragen. Damit das funktionierte, entschied man sich gegen den Bau eines Jugendhauses, aber für eine Jugendpflegerin. Trotz Sparens kommen die Investitionen nicht zu kurz: So hat der Stadtrat in den vergangenen Jahren dem Ort einen neuen Kindergarten, eine neue Turnhalle und zwei neue Feuerwehrhäuser spendiert. Geplant sind die Sanierung eines Kindergartens und ein neuer Kreisverkehr.

Natürlich muss auch ein Dötlinger Glück haben: Eine Million Tagesgäste kommen pro Jahr im Fachwerkstädtchen vorbei, die Arbeitslosenquote in der landwirtschaftlich geprägten Region ist niedrig. Das liegt auch an Europas größtem Erdgas-Porenspeicher tief unter der Dötlinger Erde. Darin lagert nicht nur Gas für 800.000 Haushalte, der Speicher ist auch die Hauptquelle der Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinde.

Zum acht Millionen Euro schweren Jahresetat trägt der Erdgas-Speicher fast die Hälfte mit seinen Steuern bei. Deshalb hat Pauka derzeit auch, wenn überhaupt, nur eine Sorge: „Ich fürchte das Schlimmste, wenn sich die FDP nach den Wahlen mit der Abschaffung der Steuer durchsetzen sollte“.