Gemeinsamkeit im Sendesaal

MUSICADIA Das Revival der alten „pro musica antiqua“-Reihe beweist die Vitalität des Sendesaals und steht für ein neues Kooperationsklima mit Radio Bremen

Der Auftakt des viertägigen Festivals, dessen künstlerische Leitung bei Hille Perl und Renate Wolter-Seevers liegt, ist am 5. November:

■ Dorothee Mields singt Dowland, Holborne und Gibbons, begleitet von „The Sirius Viols“.

Nach einem Auftritt des HfK-Barockorchesters folgt Samstag, den 7. 11. die kasachische Geigerin Anna Markova mit Dmitri Subow am Cembalo. Den Abschluss macht am Sonntag, den 8.11. „London Baroque“ mit „The English Muse: England zu Zeiten des Englischen Bürgerkriegs“ – ein Paradebeispiel für das Anliegen der „historisch informierten Aufführungspraxis“, die zeitgenössische Ästhetik im Kontext politischer und sozialer Umstände zu begreifen.

Tickets unter (0421) 33 00 57 67 oder im Internet:

www.sendesaal-bremen.de

Seit der „Halbabschaffung“ des Senders 1999 sei Radio Bremen eigentlich gar kein eigenständiger Kulturträger mehr, sagt Hans Dieter Heimendahl, Programmleiter des Nordwestradios, freimütig. Aber immerhin ein Partner: Die Anstalt unterstützt die von den „Freunden des Sendesaals“ und der Hochschule für Künste (HfK) veranstalteten „tage für alte musik“. Schließlich handelt es sich um die Wiederbelebung eines einstigen künstlerischen Flaggschiffs des Senders, der „pro musica antiqua“-Reihe.

Dass der neue Radio Bremen-Intendant zumindest per Grußwort bei „musicadia“ mit von der Partie ist, wertet Peter Schulze von den Sendesaal-Freunden als „Zeichen für eine veränderte Situation“. In der Tat war das Verhältnis zwischen Verein und Intendanz früher angespannt, da letztere einen Abriss des historischen Großstudios bei entsprechenden Investoreninteressen in Kauf nehmen wollte.

Mittelfristig sieht Schulze sowohl den Sender als auch die derzeit in den übrigen ehemaligen Hörfunk-Gebäuden entstehende Reha-Klinik als mögliche Ankermieter für den Saal. Rund ein Drittel der Kapazitäten will der Verein mit eigenen Veranstaltungen und Vermietungen füllen. Bis Ende des Jahres sei der Saal komplett ausgebucht, auch für 2010 gebe es rege Nachfrage.

Bei „musicadia“ ist Radio Bremen zunächst mit Sende-Mitschnitten dabei, zudem mit Geld. In der Hauptsache finanziert sich das Festival jedoch durch Spenden und Einnahmen, hinzu kommen Beiratsmittel. Zwar hat das Festival mit etwas über 20.000 Euro kaum 20 Prozent dessen zur Verfügung, was „pro musica antiqua“ aufwenden konnte. Es profitiert jedoch von intensiver ehrenamtlicher Arbeit – und dem Verzicht der Künstler auf marktübliche Gagen. Schon während des Kampfes um den Saal-Erhalt hatten sich viele Musiker mit Benefiz-Projekten engagiert.

„Musicadia“ soll alle zwei Jahre stattfinden und damit Platz für eine weitere Reanimation aus vergangenen Radio Bremen-Zeiten lassen: Die nicht minder renommierte „pro musica nova“-Reihe, deren Wiedergeburt (unter neuem Namen) kommenden Mai gefeiert werden soll.

Henning Bleyl