Vertriebene erhalten Kirchenasyl nur auf Zeit

Kirche stellt nach Hin und Her nun klar: temporäre Ausstellung in Berliner Kirche möglich, dauerhaftes Zentrum nicht

BERLIN taz ■ Auf Gewitter und Blitz am Wochenanfang folgte gestern ein Mischklima. Am Montag hatte der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinski verlautbart, aus der Idee des Bundes der Vertriebenen (BdV), Teile des Kirchenraums der katholischen Sankt-Michaels-Kirche in Berlin-Mitte für das „Zentrum gegen Vertreibungen“ zu nutzen, werde vorläufig nichts. Dies gelte, solange nicht klar ist, was mit dem „Zentrum“ gemeint sei und kein Konsens zu seiner Errichtung bestehe. Gestern nun trat der Pfarrer der Domgemeinde, der die Sankt-Michaels-Kirche zugeordnet ist, vor die Presse und erläuterte einige Hintergründe der jetzt unterbrochenen Verhandlungen des Pfarramts mit dem BdV.

Nach Monsignore Alfons Klucks Angaben beschloss der Kirchenvorstand des Dompfarramts im März 2004, das Verhandlungsangebot des BdV aufzunehmen. Dabei stand außer Frage, dass das kirchlich genutzte intakte Querschiff der Kirche sowie ein Versammlungsraum weiterhin für die Gläubigen genutzt, die Kirche also weiter „arbeiten“ werde. Für den BdV stehe die Ruine des Längsschiffs der Kirche zur Verfügung, genauer: der rasenbedeckte Innenraum sowie der erste Stock eines nach dem Krieg in das Schiff eingebauten Hauses. Der BdV wollte ein langfristiges Erbbaurecht erwirken, um die nötigen Investitionen vornehmen zu können – so die Errichtung eines Dachs über dem Schiff. Kluck betonte, die Kirche habe sich aus finanziellen Gründen zu diesem Schritt genötigt gesehen.

Er selbst sehe im BdV einen seriösen Partner. Grundlage für seine Einschätzung sei die Partnerschaftsregelung der christlichen Kirchen, die die Kriterien für Pacht oder Miete kirchlicher Gebäude enthalte. Kluck hob hervor, dass für ihn der Versöhnungsgedanke ausschlaggebend sei. Weshalb er gegen eine Ausstellung des BdV, die diesem Gedanken folge, nichts einzuwenden habe. In den Gesprächen mit Peter Glotz und Erika Steinbach habe er zu deren Absichten Vertrauen gefasst. Die Dauer einer solchen temporären Ausstellung schätzte er auf bis zu zwei Jahre – mit der Möglichkeit zur Verlängerung um ein weiteres Jahr, abhängig vom Publikumserfolg.

Ein Erbpachtvertrag komme dagegen nicht in Frage, stellte der Pressesprecher des Erzbistums, Stefan Förner, klar. Damit würde nach seiner Ansicht ein „immerwährendes Symbol“ gestiftet. Für eine solche Symbolisierung fehle es aber an der nötigen Übereinstimmung in der Öffentlichkeit. Unklar blieb trotz zahlreicher Nachfragen, warum die Kirche dem BdV nicht von vornherein klar gemacht habe, dass eine Dauernutzung des Längsschiffs für sie nicht in Frage kommt. Kluck meinte, er habe von Anfang an über beide Varianten verhandeln wollen. Im Übrigen hätten die Verhandlungen bis jetzt nicht das Reifestadium erreicht, wo konkrete Nutzungspläne im Mittelpunkt stünden.

Ob es in der Einschätzung des BdV-Projekts politische Differenzen zwischen dem Ordinariat und dem aus sieben Gemeindehonoratioren bestehenden Kirchenvorstand gab, war nicht zu ermitteln. Die Mitglieder des Kirchenvorstands werden zwar demokratisch gewählt, aber die Beratungen bleiben geheim. Privatrechtlich kann der Kirchenvorstand selbstständig Miet- und Pachtverträge abschließen, aber kirchenrechtlich ist er an die Zustimmung des Ordinariats gebunden. „Ein Kirchenvorstand, der sich gegen das Ordinariat stellte“, so Kluck, „wäre schlecht beraten.“ CHRISTIAN SEMLER