Die Vater-Mutter-Kind GmbH

Schluss mit lustig: Ein aktueller Bericht fordert von der Politik, Familien endlich als Wirtschaftsfaktor zu betrachten. Und sie entsprechend zu fördern

VON COSIMA SCHMITT

Eine Familie ist eine Firma; sie produziert ein rares Gut; nur visionäre Ideen sichern die Mangelware Kind. Dies ist der neue Grundton des Familienberichts, den eine Expertencrew gestern der Bundesregierung übergeben hat. Auf 500 Seiten durchleuchtet er das Privatleben der Nation.

Er sieht ein Baby als Ressource, die der Gemeinschaft nützt. So lohne es sich für den Staat, in seine „Herstellungsleistung zu investieren“, sagt der Soziologe Hans Bertram, Mitautor der Studie. Doch derzeit glückt das selten. Immer weniger Frauen gebären ein Kind. Rat suchend blicken die Autoren daher ins europäische Ausland. Warum schaffen andere, was Deutschland misslingt, nämlich den Abwärtstrend bei den Geburten zu bremsen?

Die erste Variante, die der in Kernaussagen veröffentlichte Bericht betrachtet, ist die französische Super-Mom: Ganz selbstverständlich kombiniert sie Beruf und Kind; ihren Dreijährigen weiß sie wohlbehütet in der école maternelle; die Väter indes beschränken sich auf die herkömmliche Rolle als Erzeuger und Geldverdiener. Die Autoren nennen dies einen „pro-natalistischen Vertrag zwischen Staat und Müttern zur Entlastung der Väter“ – der Frankreich aber immerhin beachtliche Geburtenraten beschert.

Variante zwei ist das skandinavische Modell. Hier durchleuchten die Autoren das Vorbild Dänemark: Die Hausfrauenehe ist dort eine Rarität; bei drei von vier Paaren sind beide berufstätig; schon in den Neunzigern hat der Staat die Kinderbetreuung stark ausgebaut. Zumindest theoretisch teilen sich die Partner also die Pflichten in Beruf und Familie. Ähnlich ist die Lage in Schweden. Hier mindern moderate Arbeitszeiten zusätzlich die Not der jungen Eltern – schon 32 bis 33 Wochenstunden gelten als Vollzeitjob.

Interessanterweise ist es weniger die Zahl der Kinderlosen, die Deutsche von Skandinaviern unterscheidet, so die Autoren der Studie. Denn schon Anfang des 19. Jahrhunderts blieben ein Viertel der deutschen Frauen ohne Nachwuchs. Gravierender ist vielmehr die geringe Quote der Großfamilien, die etwa in Finnland die Kinderlosigkeit der anderen ausgleichen. Überdies ist dort das Last-Minute-Baby eine verbreitete Option: Finninnen werden häufiger als Deutsche zwischen 34 und 40 doch noch Mutter.

Für die deutsche Familienpolitik wünschen sich die Autoren nun eine einheitliche Leitlinie. Es mangele nicht am Geld, sagt Bertram, doch müsse es gezielter für junge Eltern ausgegeben werden. Das Autorenteam fordert daher einen klaren Fokus. Vor allem die „Rushhour“ müsse entzerrt werden. Damit meinen sie jene Jahre zwischen 30 und 40, in denen Paare an der Fülle der Aufgaben verzweifeln: Sie sollen Karriere machen, Kinder zeugen, ein Haus bauen und auch noch für die Rente vorsorgen.

Als ein Mittel wertet Bertram das Elterngeld, für das die SPD eintritt. Die Idee: Nach einer Geburt zahlt der Staat dem erziehenden Elternteil ein Jahr lang einen festen Teil des Nettolohns. Bertram verweist hier auf die Daten aus Skandinavien. Es hätte sich gezeigt, dass ein solcher Lohnersatz Paaren, die bereits Eltern sind, die Entscheidung für weitere Kinder erleichtere. Und noch eine SPD-Idee ist ein Zentralanliegen des Berichts: Eine Familienkasse müsse her, die alle Leistungen bündelt und so Eltern das Gerenne von Amt zu Amt erspart. Zudem soll sie dafür sorgen, dass Geld, das eigentlich für Familien vorgesehen ist, nicht anderweitig versickert.

Ist der Familienbericht also kaschierte Wahlwerbung für die SPD? Bertram verneint dies. Das Werk sei das Ergebnis von zwei Jahren Forschungsarbeit. „Wir haben zusammengetragen, was der aktuelle Stand des Wissens ist. Wieweit die Parteien ihn nutzen, ist nicht unser Problem.“