KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER KUH-QUÄLEREI
: Autofrei – Spaß dabei

Klar wird das ein Hingucker, wenn mitten auf dem Remberti-Kreisel Kühe grasen. Aber es ist ein denkbar falsches Signal: Es bedeutet, dass nun Rinder dafür leiden müssen, dass Bremens autofreier Sonntag unter Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) zum An-manchen-Stellen-der- Stadt-autofreien-Sonntagvormittag-ohne-eigenständige-Signalwirkung verkümmert ist.

Leider. Denn die Erinnerung daran, wie lebenswert Bremens Stadtzentrum ohne Autos sein könnte – das ist ja eine feine Sache. Die Kühe haben damit aber nichts zu tun. Sie sind nur Deko, ein Scherz oder „Bruch im Stadtbild“, wie die Organisatoren sagen. Dafür werden die Tiere mit sehr ausgeprägtem Sozialverhalten von ihrer Herde getrennt, auf Laster getrieben und, auf der Ladefläche eingepfercht, an einen fremden Ort gekarrt, wo sie, vis-à-vis zu den lärmigen Lautsprechern der Zentralbühne, Cadmium-Gras weiden, das bedrohlich nach Hund müffelt. Für Kühe bedeutet das, nach allem was über Rinder bekannt ist, erheblichen Stress, ja echte Qual. Einem Tier ohne vernünftigen Grund Leiden zuzufügen, verbietet das Tierschutzgesetz. Und ein vernünftiger Grund ist ganz offenkundig nicht vorhanden.

Rechtlich betrachtet wäre die Aktion also zu unterbinden. Politisch wiederum erweist sie sich als strikt kontraproduktiv: Im Missbrauch der Kühe als witziges Stadtraummöbel spiegelt sich genau jenes bornierte Selbstverständnis, das Natur und Umwelt für verfügbare Größen hält. Es ist genau jenes Selbstverständnis, das vor einem halben Jahrhundert die Stadtzentren den Kraftfahrzeugen unterworfen hat. Einen autofreien Sonntag aus dem Geist der Schnellstraße – braucht aber kein Mensch.