Niedersachsen verhindert Gift-Transport

UMWELT Das Auslaufen eines Schiffes, das unter haarsträubenden Bedingungen in Südasien abgewrackt werden sollte, hat Niedersachsens Umweltministerium verhindert – ein seltener Ausnahmefall

„Meistens sind die Schiffe weg, bevor klar ist, wer zuständig ist“

Delphine Reuter

Das niedersächsische Umweltministerium hat verhindert, dass ein Containerschiff Wilhelmshaven in Richtung Indien verlässt, wo es unter nach europäischen Maßstäben haarsträubenden Umständen verschrottet werden sollte. Die Ministeriumssprecherin Inka Burow bestätigte gestern, dass die Behörde am Freitag die Stadt Wilhelmshaven angewiesen habe, das Auslaufen des Schiffs zu verhindern.

Grundlage ist ein internationales Abkommen, das den Transport gefährlicher Abfälle in Staaten verbietet, die nicht Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind. „Gefährlich ist bereits, wenn noch Treibstoffe für den Betrieb an Bord sind“, sagte Burow. Doch selbst ohne diese würde es keine Genehmigung bekommen, weil in Schiffen Giftstoffe verbaut sind. Deren Abbau, wie er für Südasien dokumentiert ist, ist lebensgefährlich und umweltschädlich.

Ein solches Einschreiten von Behörden innerhalb der Europäischen Union sei ungewöhnlich, sagte gestern Delphine Reuter von der Organisation Shipbreaking Platform mit Sitz in Brüssel. Diese hatte den niedersächsischen Behörden den Hinweis gegeben, dass das Schiff zum Abwracken nach Indien auslaufen solle. „Meistens sind die Schiffe weg, bevor geklärt ist, welche Behörde zuständig ist“, so Reuter, „oder die Verantwortlichen behaupten, sie hätten rechtlich keine Möglichkeiten einzugreifen.“

Die sind tatsächlich begrenzt: Internationale und EU-weite Abkommen, die gezielt das Abwracken von Schiffen regeln, sind zwar zu Papier gebracht, aber nicht in Kraft. Sobald ein Schiff daher einen Hafen verlassen hat oder aus einem Land aufbricht, das das Basler Abkommen nicht unterschrieben hat – oder es mit der Einhaltung nicht so genau nimmt – kann es nicht mehr aufgehalten werden.

Nach Angaben von Shipbreaking Platform werden jährlich weltweit 800 Schiffe abgewrackt, 80 Prozent von ihnen, indem sie in Entwicklungsländern auf den Strand gefahren werden. EIB