Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berliner Bühnen

Saisoneröffnung auch in den beiden berühmten Theaterballhäusern: Im Ballhaus Naunynstraße geht es mit „Die Saison der Krabben“ los, in der unter anderem eine so hinreißend erfundene Einrichtung wie der Mariendorfer Chor der Zivilisationen eine tragende Rolle spielt. Denn das Stück von Hakan Sava Mican ist ein Singspiel und spielt im piefigen Süden Berlins. Dort kann man auf vier Menschen treffen, von denen eine den Ausbruch aus der Enge plant. Das Ballhaus Ost in der Pappelallee startet seine Spielzeit standesgemäß mit einem theatralischen Spaziergang durch Denksysteme und Diskurse. „Metalogues“ heißt der Abend in 36 Teilen auf der Basis der Theorien des amerikanischen Anthropologen Gregory Bateson, der Bekundungen des Ballhauses zufolge mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Na, wenn das kein Grund ist, mal wieder ins Theater zu gehen! Verantwortlich zeichnet sich übrigens ein Künstlerkollektiv, das auf den schönen Namen „No forth Wall“ hört. Gegen die vierte Wand im Theater spricht sich immer wieder auch René Pollesch aus. Das nämlich ist die zum Zuschauerraum offene Seite der Guckkastenbühne, wo herkömmlicherweise dann so gespielt wird, als wäre sie zu. Das aber ist natürlich verpönte Illusionsproduktion, auf die ein Theatermacher, der was auf sich hält, längst verzichtet. Auch wenn wahrscheinlich die Theatermacher die Letzten sind, die glauben, dass das Publikum wirklich die offene Wand für geschlossen hält. Denn so blöd, wie sie gemeinhin glauben, ist das Publikum ja nicht. Wie dem auch sei: keiner kann amüsanter und publikumsfreundlicher die postdramatischen Theaterformen praktizieren als René Pollesch, der ab Samstag an der Volksbühne seinen frei nach vielleicht sogar frei von Molière gestalteten „Don Juan“ zur Aufführung bringt. Mit Martin Wuttke! Olé.

■ Die Saison der Krabben: Ballhaus Naunynstraße. Ab Sa.

■ Metalogues: Ballhaus Ost.

Mi.–So.

■ Don Juan: Volksbühne.

Ab Sa.